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Aus: Ausgabe vom 31.12.2025, Seite 4 / Inland
Münchner »Sicherheitskonferenz«

AfD wieder erwünscht

Münchner »Sicherheitskonferenz« 2026: Liberale empört über Einladung für rechte Politiker
Von Philip Tassev
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FDP-Politikerin Strack-Zimmermann spricht zu »Slawa Ukraini«-Fans am Rande der Münchner »Siko« (15.2.2025)

Wenn sich im Februar wieder (pro)westliche Politiker, Militärs und »Experten« im Münchner Nobelhotel Bayerischer Hof zur alljährlichen »Sicherheitskonferenz« versammeln, darf diesmal die AfD dabei sein.

Diese Ankündigung des provisorischen Vorsitzenden Wolfgang Ischinger sorgt – wie kann es anders sein – für allgemeine Empörung bei den Liberalen. Die drückten sie am Dienstag im Tagesspiegel aus. Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz, der auch im parlamentarischen Geheimdienstgremium sitzt, sagte dem Blatt, die AfD sei ein »Sicherheitsproblem« und »verachtet« die BRD samt »freiheitlich-demokratischer Grundordnung«. Damit nicht genug sei die Partei auch noch ein »enger Verbündeter« von China und Russland. »Auf einer Veranstaltung wie der Münchner Sicherheitskonferenz kann die AfD deshalb kein konstruktiver oder ernsthafter Gesprächspartner sein«.

Als nächstes wird der SPD-Mann Daniel Baldy zitiert, der ebenfalls dem Geheimdienstgremium angehört. Seiner Ansicht nach habe die AfD »in den letzten Jahren deutlich gemacht, dass ihr nichts an einem europäischen Sicherheitsgefüge liegt«. Neben den Kontakten zu China und Russland verwies er gegenüber dem Tagesspiegel auch auf die Verbindungen zur nationalistischen MAGA-Bewegung um US-Präsident Donald Trump. »Diese AfD-Politik hat nichts mit Sicherheitspolitik zu tun.« Die Einladung zur »Siko« sei daher »eine Relativierung der deutschland- und europafeindlichen Politik der AfD«. Zudem beklagte Baldy, dass keine vertraulichen Hinterzimmergespräche mehr mit den »Partnern« geführt werden könnten, wenn AfDler im Raum sind. »Gespräche werden zurückhaltender geführt, offener Austausch in Beisein von AfD-Politikern kaum möglich sein. Das schadet dem Charakter der Konferenz als Ort des offenen Austauschs im Hintergrund.«

Am radikalsten trat die EU-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) auf. Gegenüber dem Springer-Sender Welt TV sagte sie, mit der Anwesenheit von AfD-Leuten könne sich »Moskau in Zukunft auch Spionage ersparen. Es wird dann auf dem Silbertablett serviert.«

Zuvor hatte bereits CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann gefordert, die AfD wie in den beiden vergangenen Jahren von der »Siko« auszuschließen. Auch er begründete das mit Kontakten zu Russland und China. Der inzwischen ausgeschiedene Vorsitzende der Konferenz, Christoph Heusgen, hatte Anfang des Jahres allerdings einen anderen Grund für den Ausschluss von der letzten »Siko« angeführt: »Sowohl die AfD als auch das BSW haben den Deutschen Bundestag verlassen, als der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij gesprochen hat. Das ist das Gegenteil von Dialog, und ähnliches möchte ich auf der Konferenz nicht erleben.« Zumindest BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht war damals nicht traurig, sondern sah ihre Partei »geehrt durch die Nichteinladung zu dieser Tagung der Sofakrieger und Waffenlobbyisten«.

Mit dem Verweis auf den »Dialog« versuchte wiederum Wolfgang Ischinger, seine Einladung von AfD-Politikern zur nächsten »Siko« zu rechtfertigen. Der FAZ vom Dienstag sagte er, die Konferenz sei ein Dialogformat. »Es soll traditionell ein möglichst breites Spektrum an Meinungen, auch konträren, deutlich werden.« Zugleich bemühte er sich, die Liberalen zu beschwichtigen: »Durch Einladungen an AfD-Politiker reißen wir keine Brandmauern ein, wie mancher behauptet. Die Brandmauer soll die AfD von der Regierungsbeteiligung fernhalten.« Darum gehe es aber bei der Konferenz nicht. »Die Parteien müssen selbst dafür sorgen, dass die AfD nicht mehr im Bundestag sitzt.«

Ischinger wies zudem darauf hin, dass keine Auftritte von AfDlern auf den Bühnen der »Siko« geplant seien. »Wir laden einzelne Fachpolitiker aus den relevanten Ausschüssen nur zur Teilnahme ein. Damit kehren wir zu der Praxis und Logik zurück, die bis 2024 gegolten hat.«

Das geschieht vermutlich nicht ohne Druck aus Washington. Der Auftritt von US-Vizepräsident J. D. Vance auf der diesjährigen Konferenz hatte den liberalen Transatlantikern einen gehörigen Schrecken eingejagt. Der MAGA-Republikaner hatte dort den Ausschluss der AfD und die »Brandmauer«-Politik als »demokratiegefährdend« bezeichnet und sich anschließend demonstrativ mit AfD-Chefin Alice Weidel statt mit dem damaligen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) getroffen.

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