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Aus: Ausgabe vom 30.12.2025, Seite 9 / Schwerpunkt
Rüstungsindustrie und Faschismus

Für »Freedom and Democracy«

Deutscher Produzent von Kriegsrobotersystemen Arx Robotics unterstützt die »Asow«-Nazisturmbrigade der ukrainischen Armee
Von Susann Witt-Stahl und Moss Robeson
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Bundeskanzler Friedrich Merz lässt sich von Marc Wietfeld, CEO von Arx Robotics, ein Roboterfahrzeug vorführen (Rom, 10.7.2025)

Investoren rennen dem deutschen Rüstungsstartup Arx Robotics die Türen ein. »Das Thema Verteidigung ist nun auch bei Risikokapitalgeldgebern zur Priorität geworden«, so Geschäftsführer Marc Wietfeld, ein ehemaliger Bundeswehr-Hauptmann, gegenüber dem Handelsblatt mit Verweis auf den sukzessiven Rückzug der USA aus dem Ukraine-Krieg. Als Produzent von unbemannten Landfahrzeugen (Unmanned Ground Vehicles, UGV), die als Game Changer der Zukunft der modernen Kriegführung gelten, schreibt Arx Robotics derzeit ökonomisch eine Megaerfolgsstory.

»Ich glaube, es geht um etwas viel Größeres hier«, betonte Wietfeld im November 2025. Dass hohe Ideale gemeint sind, ist auf der Homepage des Unternehmens zu erfahren: Es sichere die »Souveränität Europas«, indem es Güter für die Stärkung von dessen »technologischer Resilienz in jeder Mission« bereitstelle, wird unter anderem als Betriebszweck genannt. Für seinen unbemannten Panzer »Gereon« wirbt Arx Robotics mit dem edelsten aller Motive: »Verteidigung« von »Freedom and Democracy«. Schließlich hat es 30 Exemplare im März 2025 an die Ukraine geliefert – finanziert mit Mitteln der »Ertüchtigungshilfe« der deutschen Bundesregierung. Vergangenen Monat wurde bereits ein neuer Großauftrag vermeldet, durch den die Ukraine die »weltweit größte militärische Robotikflotte« erhalten soll (es ist von einer »Erweiterung um mehrere hundert Systeme« die Rede). Vorher hatte Arx Robotics die Ukraine-Unterstützung durch ihre UGV zum »entscheidenden Moment in der europäischen Umarmung autonomer Militärtechnologien« erklärt.

Wer damit ebenso »umarmt« wird, verraten die Truppenkennzeichen von ukrainischen Soldaten, die im Arx-Robotics-Promovideo bei der Anwendung des Geräts zu sehen sind: die 3. »Asow«-Sturmbrigade des 3. Armeekorps, das unter dem Kommando von Andrij Bilezkij, dem mächtigsten Neonaziführer der Ukraine, steht.

Segensreiche Expansion

Wietfeld hatte Arx Robotics 2021 gemeinsam mit seinen Ex-Bundeswehr-Offizierskameraden Maximilian Wied und Stefan Röbel gegründet. Neben dem »Gereon« produziert das Unternehmen das radgetriebene unbemannte Bodenfahrzeug »Hector« sowie ein KI-basiertes Betriebssystem, mit dem analoge Militärfahrzeuge aufgerüstet werden können. Arx Robotics, zu dessen Kundschaft auch die Bundeswehr gehört, hat einen Sitz in Oberding, im Landkreis Erding in Oberbayern, und Dependancen in Berlin, Kiew und London; derzeit baut es ein Entwicklungszentrum in Südwestengland für die Produktion von auf die operativen Anforderungen der britischen Armee zugeschnittenen Systemen auf. Wirtschaftsmedien berichteten im Laufe des Jahres von eingesammelten Investitionssummen im zweistelligen Millionenbereich.

Inzwischen ist der Motorenhersteller Deutz als Lead-Investor bei Arx Robotics eingestiegen, und der Panzergetriebeproduzent Renk und Daimler Truck wurden als Kooperationspartner genannt. Bereits im Juli traf Marc Wietfeld Bundeskanzler Friedrich Merz in Rom auf der Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine, um über die Arbeit von Arx Robotics dort zu sprechen.

Welchen Segen die Expansion und UGV-Lieferungen von Arx Robotics in die Ukraine für die »Asow«-Militärs bedeutet – davon vermitteln Einträge auf seinem Linkedin-Kanal einen Eindruck: Die Rüstungsfirma unterstützt die UGV-Schule der »Killhouse Academy« der 3. Sturmbrigade, die mit einem eigenen Kampfroboterpark und Simulationsraum ausgestattet ist, »finanziell, technisch und durch direkte Kollaboration«, wie es dort heißt. »Zusammen trainieren wir Operatoren, modernisieren Fähigkeiten und beschleunigen den Einsatz unbemannter Systeme für Logistik, Aufklärung und Evakuierung.« Igor Kornilow, Arx-Robotics-Geschäftsführer in der Ukraine, kündigte bereits die Spende eines »Gereon« an »Killhouse« an. An dem historischen Datum 8. Mai 2025 erfuhr die Zusammenarbeit höhere Weihen durch den Besuch von Generalmajor Christian Freuding, Leiter des Lagezentrums Ukraine im Bundesministerium der Verteidigung.

UGV-Kämpfer mit SS-Symbolen

Anders als westliche Medien behaupten, ist die 3. Sturmbrigade, die Betreiberin der »Killhouse Academy« ist, keineswegs »entpolitisiert«. Ganz im Gegenteil – sie ist fest in der »Asow«-Neonazibewegung verankert, die seit Jahren als wachsender Staat im Staate agiert. »Killhouse«-Initiator, Oleg »Romacha« Romanow, mit dem Freuding für ein Foto posiert hat und der heute im 21. Unbemannte-Systeme-Regiment »Kraken 1654« des 3. Armeekorps dient, trägt seine Gesinnung via Tattoos mit Hakenkreuzornamenten in den sozialen Medien zur Schau.

Der UGV-Zug NC13 der Brigade war 2024 in einer Kompanie aufgestellt worden, die eine leicht abgewandelte Version des Symbols der SS-Sondereinheit »Dirlewanger« zu ihrem offiziellen Verbandskennzeichen erkoren hat. Kommandeur von NC13 ist Mikola »Makar« Sinkewitsch, ein Führer der neonazistischen »Galizischen Jugend«, die ihn jüngst als »der Sache treu« würdigte. Seine Organisation tritt mit dem Keltenkreuz, dem »Schwarze Sonne«-Symbol von Himmlers SS sowie dem Insigne der Waffen-SS-Division »Galizien« auf. Letzteres ziert auch Felduniformen von NC13-Kämpfern, die in einem Propagandavideo des 3. Armeekorps zu sehen sind. Wie alle »Asow«-Militärs steht NC13 fest in der Tradition des Bandera-Flügels der faschistischen Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN-B), die im Zweiten Weltkrieg mit Hitlerdeutschland kollaboriert hatte.

»Asow« in Spitzenposition

Im Spätsommer 2025 hat Arx Robotics mit »Combat Gereon« seinen ersten Gefechtspanzer vorgestellt. Dieser wurde in Kooperation mit dem Defence-Tech-Startup Frontline Robotics in der Ukraine entwickelt, das kürzlich ein Joint Venture mit Quantum Systems aus Deutschland zwecks Einrichtung einer Drohnenproduktionslinie für die Kiewer Streitkräfte eingegangen ist – die militärisch-industriellen Komplexe der beiden Länder vernetzten sich in rasendem Tempo. Arx Robotics setzt bei seinen Innovationen auf das Praxiswissen von ukrainischen Soldaten – »Anwendern an vorderster Front«. Im Oktober organisierte NC13 zusammen mit anderen »Asow«-Militärs am Stadtrand von Lwiw den ersten großangelegten Crashtest von Robotersystemen unter simulierten Gefechtsbedingungen (ob Produkte von Arx Robotics zum Einsatz kamen, ist nicht bekannt).

»Es ist keine Evolution der Kriegführung, die dort passiert, sondern eine Revolution«, erklärte Marc Wietfeld in einem Interview. Nicht zuletzt dank der umfangreichen Unterstützung seines Unternehmens und der deutschen Regierung steht die 3. »Asow«-Sturmbrigade mit an der Spitze, baut ihre Führungsrolle als technologisch fortschrittlichste Einheit in den ukrainischen Streitkräften deutlich aus – und damit auch die Macht der militanten faschistischen Kräfte im Land. »Dies ist die neue Realität des Krieges, wo wir die Regeln festlegen«, verkündete die 3. Sturmbrigade bereits zur Gründung von NC13 im September 2025.

»Asow«-Chefideologe, Olexij Reins, Angehöriger der 3. Sturmbrigade und Leiter ihres Zentrums für weltanschauliche Schulung, machte indes erneut klar, dass das Kriegsziel seiner Bewegung eine »Ukraine für Ukrainer« ist und sie nicht an »Freedom and Democracy« interessiert ist. Letztere bedeute nur »kollektive Hilflosigkeit«, ist auf dem Telegram-Kanal seines Verlags zu lesen, der Schriften von »Asow« und der historischen OUN-B herausgibt. »Die Ukrainer und die Ukraine benötigen keine Demokratie, sondern eine verantwortungsvolle autoritäre Führung.«

Die Frage der jW-Redaktion an Arx Robotics, wie es seine Kooperation mit faschistischen Militärs in Einklang mit der von ihm proklamierten wertebasierten Unternehmenspolitik bringt, blieb bislang unbeantwortet.

Die Einrichtung wurde im April 2024 als Drohnenschule von der 3. »Asow«-Sturmbrigade gegründet, die heute das Rückgrat des 3. Korps der ukrainischen Armee bildet. »Killhouse Academy« bietet in Kiew und anderen Großstädten der Ukraine sechstägige Basiskurse für Soldaten und Zivilisten an, in denen Grundwissen zur Beschaffenheit und Bedienung von FPV-Drohnen vermittelt wird. In Aufbaukursen lernen die Teilnehmer, Drohnen mit Munition zu präparieren und sie im Kampfeinsatz zu fliegen. Darüber hinaus gibt es einen Ingenieurslehrgang in FPV-Drohnentechnologie. Im »Killhouse«-Angebot findet sich auch ein dreitägiges Bootcamp mit bewaffneten Kampfhandlungen und anderer Action – »Adrenalin« und »Abenteuer« garantiert. Erklärtes Hauptziel der »Killhouse«-Betreiber ist es, die Anzahl der Spezialisten zu erhöhen und für die ukrainischen Streitkräfte nutzbar zu machen.

Im Frühling 2025 hat »Killhouse« expandiert und für die Ausbildung neuer Züge der 3. Sturmbrigade für unbemannte Bodensysteme eine UGV-Schule eröffnet. »Der moderne Krieg erfordert eine ständige Weiterentwicklung der Armee und Einführung von Innovationen«, heißt es in der Werbung für den dort angebotenen Grundkurs. »Bodenroboterkomplexe sind eine Zukunft, die bereits heute effektiv auf dem Schlachtfeld wirkt.« Lernen können die Teilnehmer den Transport von Vorräten, Verwundeten und Munition sowie die Zerstörung von feindlichen Objekten. Unterstützt werden die Trainingsmaßnahmen von den Nichtregierungsorganisationen »Dignitas Ukraine«, die in den USA ansässig ist, Militärschule »Boriwiter«, die im Austausch mit NATO-Institutionen wie dem Joint Analysis and Lessons Learned Centre steht – und dem deutschen Unternehmen ARX Robotics.

Das Coaching-Team rekrutiert sich vorwiegend aus Veteranen der 3. »Asow«-Sturmbrigade. Die Preise liegen um die 160 Euro für Zivilisten, aktive Soldaten können gratis teilnehmen, Frontkämpfer außer Dienst zahlen die Hälfte und Ausländer das Doppelte. Unter letzteren finden sich internationale Freiwillige, die in den ukrainischen Streitkräften dienen, aber auch Normalbürger aus dem Westen, die gegen Russland gewappnet sein wollen. »Wer weiß, ob der Krieg in Zukunft nach Europa kommt«, zitierte Irish Times unlängst einen deutsch-ukrainischen Unternehmensberater, der stolz sein erworbenes »Killhouse«-Zertifikat für einen bestandenen FPV-Dronenkurs in die Kamera hielt. Springers Welt feiert »Asows« »Killhouse« bereits als »Mischung aus West Point und Massachusetts Institute of Technology, also aus der US-Militärakademie und der Kaderschmiede der Techelite an der amerikanischen Ostküste. Nur eben auf ukrainisch.« (sws/mr)

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