Zu kostspielig
Von Nico Popp
Die Beschlussempfehlung ist keine Überraschung: In der kommenden Woche wird der Wahlprüfungsausschuss des Bundestages die vom BSW erhobene und mit systematischen Zählfehlern zum Nachteil der Partei begründete Forderung nach einer Neuauszählung der Bundestagswahl als »unbegründet« ablehnen. Anderes konnte nur erwarten, wer angenommen hat, dass dieser Ausschuss seine Entscheidung ohne Rücksicht auf die Konsequenzen eines via Neuauszählung herbeigeführten Einzuges der Wagenknecht-Partei in den Bundestag treffen wird: Die Regierungskoalition hätte keine Mehrheit mehr; Merz könnte nur dann Kanzler bleiben, wenn die Grünen in die Regierung eintreten (wogegen zwar nicht bei den Grünen, wohl aber in der Union Bedenken bestehen dürften); und schließlich würde mit einer BSW-Fraktion im Bundestag dort etwas vernehmlicher gegen den Aufrüstungskurs und die Politik der Kriegsverlängerung in der Ukraine angeredet werden.
Das sind nicht nur für die Regierungsmehrheit keine verlockenden Aussichten. Das persönliche Interesse der Beteiligten – ein paar Abgeordnete, unter ihnen offenbar auch die Bundestagspräsidentin, wären bei einem BSW-Einzug ihre Mandate los – ist da noch nicht einmal mit in Rechnung gestellt. Nicht ausgeschlossen, dass, wenn es nur darum ginge, eine andere Entscheidung getroffen worden wäre. Es gab in den vergangenen Wochen ein paar Kommentare in der Bürgerpresse, in denen angesichts der 4,981 Prozent eine Neuauszählung angeraten wurde, um das angeknackste »Vertrauen in die demokratische Ordnung« mit ihrer famosen Fünfprozenthürde aufzufrischen. Aber so, wie die Dinge liegen, wäre eine solche vertrauensbildende Maßnahme entschieden zu kostspielig.
Deshalb wird der Wahlprüfungsausschuss mit dem Argument, es habe »kein mandatsrelevanter Verstoß gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler festgestellt werden« können, den Einspruch des BSW zurückweisen. Das ist mit Blick auf das, was nach dem Wahltag bekanntgeworden ist, ein recht gewagter Befund. Bekanntlich kamen durch Korrekturen in einigen Stimmbezirken schon genug zusätzliche Stimmen für das BSW zusammen, um den Abstand zu den fünf Prozent auf nur noch 9.500 Stimmen zu verringern. Tatsache ist zudem, dass das BSW von auffallend vielen nachgewiesenen Zählfehlern betroffen war – aus welchen Gründen auch immer. Wenn unter diesen Umständen dennoch so entschieden wird, dann liegt der Schluss nahe, dass der Wahlprüfungsausschuss nicht von der fehlenden Mandatsrelevanz einer Neuauszählung überzeugt ist, sondern exakt vom Gegenteil.
Die BSW-Spitze scheint derweil anzunehmen, eine Anrufung des Bundesverfassungsgerichts könne das Blatt wenden, denn der Ausschuss sei »befangen«. Aber hier geht es eben nicht um Befangenheit, sondern um die Durchsetzung des Regierungsstandpunkts in einer wesentlichen Frage der inneren Politik. Hier Abhilfe in Karlsruhe zu erwarten ist dann doch etwas naiv.
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