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Aus: Ausgabe vom 27.11.2025, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Widerstand bei Bosch

Waiblingen gegen Kürzungskur

Arbeitsplatzvernichtung und Jobverlagerung bei Bosch. Die Kollegen sind organisiert und kampfbereit. Das allein wird nicht reichen
Von Ursel Beck, Waiblingen
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Derzeit diskutieren sie über die geeignete Widerstandsstrategie: Bosch-Beschäftigte (Waiblingen, 24.11.2025)

Als die IG-Metall-Verwaltungsstelle Ludwigsburg die Protestaktion gegen die Schließung des Bosch-Werks in Waiblingen plante, ging sie von 500 Teilnehmern aus. Gekommen waren am 24. November um die 2.500 Kolleginnen und Kollegen. Gemeinsam hinter einem Banner mit der Aufschrift »Bosch Waiblingen #kampfbereit« marschierte die Belegschaft des Geschäftsbereichs Power Solutions aus dem Werk und traf auf einen Demozug von überwiegend Bosch-Kolleginnen aus anderen Betrieben vor dem Werksgelände. Nicht nur aus der Region Stuttgart, sondern auch aus Bayern und dem 500 Kilometer entfernten Hildesheim. Hinzu kamen Delegationen von Vertrauensleuten u. a. aus den Mercedes-Werken Untertürkheim und Sindelfingen.

Die Demonstration fand vor dem Hintergrund der größten Arbeitsplatzvernichtung in der Geschichte des größten Autozulieferers der Welt statt. Bereits seit 2017 werden bei Bosch in Deutschland Arbeitsplätze abgebaut bzw. verlagert. Allerdings fand bis 2024 gleichzeitig ein Beschäftigungsaufbau statt – in anderen Bereichen auf mehr als 429.000 Angestellte weltweit und fast 134.000 in Deutschland. Jetzt werden überall massenweise Arbeitsplätze vernichtet, selbst in der sogenannten Zukunftstechnologie, die in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut wurde: der automatisierten und assistierten Fahrtechnik.

Immer wieder gibt es neue Ankündigungen von weiterem Arbeitsplatzabbau. Nicht nur in der Automobilsparte. Im badischen Bretten soll die Hausgeräteproduktion bis 2028 eingestellt und das Werk geschlossen werden. Fast tausend Kollegen verlieren hier ihren Job. Im Waschmaschinenwerk im brandenburgischen Nauen sollen 440 Arbeitsplätze vernichtet werden. Die Elektrowerkzeugproduktion soll vom württembergischen Leinfelden und sächsischen Sebnitz bis Ende 2026 nach Ungarn verlagert werden. Mehr als 500 Beschäftigte verlieren dadurch ihren Job.

Die größte Bosch-Sparte Mobility ist am stärksten von der Arbeitsplatzvernichtung betroffen. Anfang 2024 hatte Bosch die Vernichtung von 5.500 Arbeitsplätzen an fünf Standorten und Arbeitszeitverkürzung mit 14 Prozent Lohnverlust für 10.000 Kolleginnen und Kollegen angekündigt. Im Herbst 2024 wurde die Zahl der in der Automobilsparte zu vernichtenden Arbeitsplätze auf 12.000 erhöht. Ende September 2025 wurde dann die Vernichtung von weiteren 13.000 Jobs bekanntgegeben. Aktuell ist die Rede von insgesamt 22.000 Jobs allein in der Mobility-Sparte, die wegfallen sollen. Damit will Bosch die Rendite auf sieben Prozent steigern.

Das 70 Jahre alte Bosch-Werk in Waiblingen, das Steckverbindungen aus Thermoplast und Silikonkautschuk für Verbrenner und E-Fahrzeuge produziert, soll nach den Plänen der Bosch-Bosse bis 2028 geschlossen und die Produktion nach Thailand verlagert werden. Das will sich die Belegschaft nicht bieten lassen. »Wenn Bosch nicht einlenkt, dann werden wir das Werk in Waiblingen 24/7 dichtmachen«, so der Betriebsratsvorsitzende von Bosch-Waiblingen, Stefano Mazzei, bei der Kundgebung in Waiblingen. Und der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Bosch, Frank Sell, gab das Versprechen: »Wir lassen euch nicht im Regen stehen, wir werden kämpfen bis aufs Blut.« Stefano Mazzei erklärte, dass die Belegschaft zu 90 Prozent organisiert sei, und schöpfte daraus die Hoffnung, dass der Kampf erfolgreich sein und »von hier aus der Anfang gemacht werden könnte, die Gier der Bosse zurückzuschlagen«. Dass Kampfbereitschaft und ein sehr hoher Organisationsgrad allein nicht ausreichen, die Schließung eines Werks zu verhindern, hat sich allerdings im Bosch-Werk Bietigheim 2020/21 gezeigt. Weil es keine von der IG Metall unterstützte Kampfstrategie gab, mündeten die Verhandlungen am Ende in einer Einigungsstelle. 290 Kolleginnen und Kollegen wurden Ende 2021 in die Erwerbslosigkeit geschickt und die Produktion nach Ungarn verlagert.

Um weitere Niederlagen zu verhindern, gibt es die ersten Vernetzungen von kämpferischen Kolleginnen verschiedener Bosch-Betriebe und Diskussionen darüber, wie der Kampf erfolgreich geführt werden kann. Denn auf markige Worte vom Betriebsratsvorsitzenden und IG-Metall-Funktionären können sich die Boschler nicht verlassen, zumal bei der Kundgebung mehrmals von derzeit stattfindenden Verhandlungen im Bosch-Werk Waiblingen gesprochen wurde, ohne zu sagen, worüber verhandelt wird.

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