Indiens Rechte setzt auf Betrug
Von Satyajeet Malik
Die regierende »National Democratic Alliance« (NDA) reklamiert bei den Landtagswahlen im indischen Bihar einen Erdrutschsieg. 202 der 243 Parlamentssitze soll das Bündnis bei dem Urnengang vom 6. bis 11. November gewonnen haben. Am Donnerstag wurde Nitish Kumar von der Partei »Janata Dal United« (JDU) zum zehnten Mal als Chefminister des von den Bevölkerungszahlen her zweitgrößten Unionsstaates vereidigt. An der Zeremonie in der Landeshauptstadt Patna nahm auch sein NDA-Verbündeter, Premierminister Narendra Modi, teil. Neben Kumar legten 26 Kabinettsminister den Eid ab, darunter 14 aus der von Modi geführten Indischen Volkspartei (BJP) und acht aus der JDU. Anfangs hatte es noch Streit über die Besetzung des Chefministerpostens gegeben.
Die weit rechts stehende BJP ging aus den Wahlen laut offiziellen Zahlen mit 89 Sitzen als stärkste Partei hervor. Kumars JDU gewann demnach 85, während die Lok Janshakti Party (Ram Vilas) von Unionsminister Chirag Paswan 19 Mandate erhielt. Auf der Oppositionsseite konnte das von der Rashtriya Janata Dal United (RJD) geführte Wahlbündnis Mahagathbandhan (MGB) nur 35 Sitze gewinnen. Die RJD kommt laut amtlichem Wahlergebnis auf 25, die Kongresspartei auf sechs, die »Kommunistische Partei Indiens (Marxisten-Leninisten) Befreiung« auf zwei, bei der KPI (Marxisten) und der Indian Inclusive Party ist es jeweils ein Sitz.
Was das Wahlverhalten betrifft, haben nach den von der Zeitung The Hindu veröffentlichten Umfragedaten unter den Wählern der oberen Kasten 67 Prozent für die NDA gestimmt, während sich neun Prozent für die MGB entschieden. Bemerkenswert ist jedoch, dass unter den Dalits, die zur untersten Kaste gehören, fast 60 Prozent für die NDA und nur 28 Prozent für die MGB gestimmt haben sollen. Allerdings gehörten zwei regionale Parteien mit einer beträchtlichen Unterstützerbasis unter den Dalit-Gruppen – die Lok Janshakti Party (LJP) und die Hindustani Awam Morcha (HAM) – zur NDA. Unter den Muslimen stimmten laut The Hindu fast 70 Prozent für die MGB und nur sieben Prozent für die NDA.
Das gibt jedoch nicht das wahre Bild wieder, da die gesamte Abstimmung von Vorwürfen des Wahlbetrugs und der Manipulation sowie der Bestechung überschattet war. Zunächst überwies die regierende NDA im Rahmen des Programms »Jeevika Didi« zur Armutsbekämpfung 10.000 Rupien (circa 100 Euro) auf die Bankkonten von Frauen. Die Überweisungen erfolgten bis zum Beginn der Wahl, was die Opposition zu dem Vorwurf veranlasste, die NDA habe die Stimmen gekauft. Prashant Kishor, prominenter Wahlstratege und Vorsitzender der Jan Suraaj Party, erhob den erstaunlichen Vorwurf, die Kumar-Regierung habe 1,5 Milliarden US-Dollar aus Mitteln der Weltbank für den »Kauf« von Stimmen »umgeleitet«. Er fügte hinzu, dass bis zur Bekanntgabe der Wahlergebnisse insgesamt 4,5 Milliarden US-Dollar an öffentlichen Geldern dafür »verschleudert« worden seien.
Zudem gab es Vorwürfe, dass Wahlmaschinen zugunsten der NDA programmiert worden seien, sowie Berichte über Wähler, die in anderen Bundesstaaten registriert waren, aber ihre Stimme in Bihar abgegeben haben. Darüber hinaus griffen die Spitzenpolitiker der NDA zu hochgradig religiös-spalterisch aufgeladener Rhetorik. Premier Modi zum Beispiel behauptete, die MBG würde »Eindringlinge beherbergen«, womit er Einwanderer aus den Nachbarstaaten Bangladesch und Myanmar meinte.
Am schwerwiegendsten wiegt jedoch der Vorwurf, dass die indische Wahlkommission (ECI), die für freie und faire Wahlen im Land verantwortlich ist, eng mit der BJP zusammengearbeitet habe, um den Urnengang zu manipulieren. Das prominenteste Beispiel ist, dass die ECI im Vorfeld mehr als 6,5 Millionen Berechtigte aus dem Wählerverzeichnis von Bihar gestrichen hat. Die Begründung: Es handele sich um »illegale Einwanderer« aus Nepal, Bangladesch und Myanmar, die sich in betrügerischer Weise registriert hätten. Eine Umfrage des indischen Onlinemagazins The Wire ergab jedoch, dass mindestens 70 Prozent der als nicht wahlberechtigt eingestuften Personen keine Ausländer waren.
Die Streichung der Wähler wird als schwerwiegender Angriff auf die Demokratie des Landes angesehen, zumal die ECI damit eine Aufgabe übernommen hat, die nicht in ihren Zuständigkeitsbereich fällt, nämlich die Staatsbürgerschaft einer Person zu beurteilen. Unter dem Deckmantel der Aktualisierung des Wählerverzeichnisses hat die ECI jedoch Millionen von Menschen effektiv ihr Bürgerrecht entzogen. Dennoch wird besagte Überarbeitung des Wählerverzeichnisses nun auch auf Bundesebene fortgeführt.
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