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Aus: Ausgabe vom 22.11.2025, Seite 6 / Ausland
Großbritannien

Migration runter, Krise rauf

Großbritannien: Restriktive Asyl- und Migrationspläne drohen Personalmangel im Gesundheitssystem zu verschärfen. Auch Labour-Partei gespalten
Von Dieter Reinisch
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Stellt sich gern als Unterstützer der im Gesundheitssystem Beschäftigten dar: Premier Keir Starmer (Epsom, 6.1.2025)

Die Pläne der sozialdemokratischen Labour-Regierung, das Einwanderungsrecht zu verschärfen und das Asylrecht fast auszuhebeln, schlagen weiter Wellen. Wie der Guardian am Donnerstag unter Berufung auf eine Studie des Royal College of Nursing (RCN) berichtete, könnten bis zu 50.000 Krankenpfleger das Land aufgrund der Pläne verlassen, was das britische Gesundheitssystem NHS in die größte Personalkrise aller Zeiten stürzen würde. Schon jetzt herrscht wegen der neoliberalen Politik Notstand im Gesundheitswesen. Zuletzt streikten die Assistenzärzte in England über fünf Tage hinweg, auch in Schottland zeichnet sich eine Arbeitsniederlegung ab. Besonders die langen Wartelisten für Behandlungen und Operationen sind ein Problem, das Labour seit dem Regierungsantritt nur marginal lindert. Problematisch ist auch der Arbeitskräftemangel aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen und Bezahlung. Der NHS kann nur dank Einwanderung ausreichend Angestellte finden. Besonders im Pflegebereich arbeiten viele Migranten. Die neuen Regierungspläne könnten die Situation im NHS nun drastisch verschlechtern.

Regierungschef Keir Starmer plant seit längerem, »Zuwanderung« einzudämmen. Am Montag dann stellte Innenministerin Shabana Mahmood ihre Pläne im Parlament vor. Es sei »die bedeutendste Reform des Asylsystems seit einer Generation«, betonte sie. Geplant ist, Nichtbriten bis zu zehn Jahre warten zu lassen, bevor sie einen Antrag auf eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung stellen können, statt ihnen diese wie bisher nach fünf Jahren automatisch zu gewähren. Anerkannte Flüchtlinge müssen demnach 20 Jahre warten, bis sie sich für einen permanenten Aufenthaltsstatus bewerben können. Wird ihr Ursprungsland in dieser Zeit jedoch wieder als sicher eingestuft, müssen sie sofort ausreisen oder werden abgeschoben. Der Flüchtlingsstatus soll also nur noch temporär gelten. Zum Reformpaket gehört zudem, dass die Qualifikationsanforderungen für ausländische Arbeitskräfte auf Hochschulniveau angehoben und gute Englischkenntnisse für alle Visatypen erwartet werden. Mahmood will zudem die Europäische Menschenrechtskonvention neu interpretieren und die Visavergabe für Länder aussetzen, die die Aufnahme von Abgeschobenen verweigern.

Das Vorhaben gilt als Versuch der Sozialdemokraten, den Rechten um Nigel Farages Partei »Reform UK« das Wasser abzugraben. Laut Umfragen sehen viele die Einwanderung als das wichtigste Thema des Landes, gefolgt von der Wirtschaft. Während Teile der Labour-Partei eine restriktive Asylpolitik als heikles Thema betrachten, ist Mahmoods Position eindeutig: »Ich verstehe einfach nicht, warum wir uns im linken politischen Spektrum in Diskussionen über Migrationskontrolle verstricken.« Und weiter: Schärfere Maßnahmen seien »wirklich grundlegend für die Denkweise vieler unserer Wähler«. In der parlamentarischen Debatte schien sich jedoch selbst »Reform UK« über das Manöver lustig zu machen. So hieß der Abgeordnete Danny Kruger die Rhetorik Mahmoods willkommen – sie klinge wie die seiner Partei –, stellte aber klar, dass er das Original vertrete.

Während Mahmood und Starmer hoffen, mit den Ankündigungen aus den schlechten Umfragewerten herauszukommen, regt sich Widerstand im linken Flügel der Partei und bei den Gewerkschaften. Über 20 Labour-Abgeordnete kündigten bereits öffentlich an, gegen die Asylpläne stimmen zu wollen. Die Abgeordnete für York Central, Rachael Maskell, sagte etwa gegenüber Times Radio: »Die Entmenschlichung verzweifelter Menschen ist das genaue Gegenteil dessen, wofür die Labour-Partei steht.« Der Abgeordnete für Stroud, Simon Opher, erklärte laut der Onlinezeitung Labourlist: »Wir sollten uns gegen die rassistische Agenda von Reform UK wehren, anstatt sie zu wiederholen.«

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