Vom schlechten Ruf des Soldaten
Von Nick Brauns
Weil Uncle Sam Kanonenfutter für den Rollback des Kommunismus brauchte und Kanzler Adenauer nach voller staatlicher Souveränität strebte, bekam der deutsche Imperialismus knapp zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs am 12. November 1955 wieder eine Armee.
Heute »darbt die Bundeswehr so klein und schwach wie nie seit ihren Gründungstagen«, jammert die FAZ zum 70. Bundeswehr-Geburtstag. »Deutschland und seine Nachbarn sind nicht in der Lage, ihre Lufträume vor Übergriffen zu schützen, die bald Angriffe werden könnten.« »Dass es so kommen mag, sagen in Politik und Militär eigentlich alle«, behauptet die FAZ. Mittel für Aufrüstung sprudelten zwar, doch Früchte trage das kaum, »eher entstehen riesige Sumpfgebiete, getränkt mit Geld«, beklagt die FAZ, dass es »Regierung und Parlament nicht zu eilig haben, in einem Wettlauf gegen die Zeit, den sie selbst ausrufen, die Bundeswehr schnell zu ertüchtigen«. Vielleicht glauben doch nicht »alle«, dass der Russe 2029 durchs Brandenburger Tor marschieren wird, sondern sehen die Zeitenwendenmilliarden eher als willkommene Gelddruckmaschine?
In der Welt sieht Unionsfraktionschef Jens Spahn »unsere westlichen Werte … in ihren Grundfesten bedroht« von »fremden Mächten bis hin zum islamistischen Terror«. Viele »unserer« Soldaten hätten diesen »Freiheitskampf« mit Gesundheit oder Leben bezahlt, lautet die Spahnsche Variante unserer angeblich am Hindukusch verteidigten Freiheit.
Die meisten Bundeswehr-Soldaten seien das, »was man früher ›einen feinen Kerl‹ genannt hat«, bricht die NZZ eine Lanze für die Landser. Für deren »miese Reputation« seien Journalisten verantwortlich, unter denen die Bundeswehr »seit langem keinen guten Ruf« habe, sieht das rechts stehende Schweizer Blatt die eigene Zunft in der Verantwortung. »Kaum eine Woche ohne Negativmeldung über Einsatzbereitschaft, Ausrüstung oder Zukunftsfähigkeit.» Oft werde die »gesamte Armee als Gurkentruppe dargestellt«. Dem ließe sich entgegnen, dass die oft linksliberalen Sofageneräle in den Redaktionsstuben mit solcher Kritik an der Truppe ja gerade deren Kriegstüchtigkeit zu befördern hoffen.
Doch geht es der NZZ um etwas anderes. Das Blatt beklagt eine »verzerrte Wahrnehmung der Soldaten bei denjenigen, die sich noch nie gefragt haben, was sie im Kriegsfall für ihr Land oder ihre Mitbürger täten«. Verwiesen wird auf Frauen, die in Datingportalen »Bitte keine Polizisten oder Soldaten!« angeben. Die antimilitaristisch orientierte junge Welt, bei der die Bundeswehr auch »keinen guten Ruf« genießt, schließt sich dem an: kein Sex mit Olivgrünen! (nb)
Tageszeitung junge Welt am Kiosk
Die besondere Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
IMAGO/Bihlmayerfotografie12.11.2025Was will die Bundeswehr von den Krankenhäusern?
Berthold Fischer/SZ Photo/picture alliance12.11.2025Wieder zurück an der NATO-Ostflanke
Florian Boillot11.11.2025Für die Fähigkeit zum Töten
Mehr aus: Ansichten
-
Fürs Vergessen
vom 13.11.2025 -
Selenskij angezählt
vom 13.11.2025 -
Kulturbotschafter des Tages: Edeka
vom 13.11.2025