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Aus: Ausgabe vom 12.11.2025, Seite 2 / Ansichten

Stand-by statt Bye-bye

Wagenknechts Rückzug vom BSW-Vorsitz
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Sahra mit Diadochen

Nicht schlecht für Sahras Wagenknechte. Der Versuch, mit dem BSW eine neue Sozialdemokratie zu etablieren, die zugleich knapp­links von der Linkspartei und knapplinks von der AfD steht, ist an dieser Disparität gescheitert. Das Bündnis wird sich entscheiden müssen, ob es eine Alternative zur Identitätspolitik oder eine alternative Identitätspolitik verkörpern will. Die vorsichtige Befreiung von seiner Namens­geberin schafft Spielraum.

In den Reaktionen konzentriert man sich auf die Person statt auf den Programmstreit. Die Taz erwähnt zwar die geplante Umbenennung in »Bündnis soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Vernunft«, vertieft das aber nicht. Im Ausdruck »Vernunft«, traditionell ein Code unternehmerfreundlicher Lobbys, rumort der konstitutive Widerspruch des BSW, sowohl die arbeitenden als auch die besitzenden Schichten vertreten zu wollen. Der Autor macht ein »Zwischenstadium« aus, in dem das BSW sich »wie ein Untoter« bewege, meint aber nur, dass man sich unter der Fünfprozenthürde und über gar nicht vorhanden bewege.

»Keine Ausdauer für die Langstrecke« attestiert Spiegel online der charismatischen Vorsitzenden. Schon recht. Sie liebt die Bühne, das Pult, den Sessel bei Maischberger. Beharrliche Kleinarbeit und feinteilige Organisation in der außerparlamentarischen Senke sind ihre Sache nicht. Doch der ihr nachfolgende De Masi unterscheidet sich kaum in dieser Hinsicht von ihr, eher wohl darin, was er politisch will.

Dass Wagenknecht »noch lange nicht fertighat«, weiß man dagegen beim Focus. »Wie schon so oft in ihrer langen politischen Karriere zieht sie sich zurück, jetzt aber, um sich neu zu positionieren.« Hier wäre Raum gewesen, Wagenknechts Metamorphosen der zurückliegenden Jahrzehnte nachzuzeichnen. Doch dazu müsste man wissen, dass ihr heutiger Populismus nicht die Frucht ihrer marxistisch-leninistischen Wurzeln ist, sondern gerade des Versuchs, diese Wurzeln zu veröden. In der Tat ist sie dem Feuilleton desto lästiger ­geworden, je ähnlicher sie ihm wurde.

Bei Springer scheint man voll im Bild: Wagenknecht »möchte nicht mehr als Parteivorsitzende des BSW antreten. DOCH: Ist das wirklich der seit Wochen in den Medien heiß diskutierte politische Rückzug? Nein! Denn Bild weiß: Sahra Wagenknecht lauert jetzt auf diesen Top-Job!« Das hat den Chronisten neugierig gemacht. DOCH: Wird die Antwort hinter der Bezahlschranke seine Neugier befriedigen? NEIN! Denn: Hinter dem »Top-Job« steht nur die naheliegende Spekulation, dass Wagenknecht Oppositionsführerin im nächsten Bundestag sein möchte. (fb)

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (12. November 2025 um 05:00 Uhr)
    Ich muss zugeben, dass mir auch die knapplinken Sozialdemokraten alleweil ein Stück lieber sind als die rechten. So gerechtfertigt Kritik am BSW ist: Wir sollten uns in der angespannten Situation, in der wir uns heute befinden, dreimal überlegen, ob wir lieber auf Leute schießen, die vielleicht einmal unsere Freunde sein könnten. Oder nicht doch besser unsere ziemlich geringen Kräfte auf diejenigen konzentrieren, die wirklich unsere Feinde sind. Zudem die gescholtene Sahra Wagenknecht im Wahlkampf geschafft hat, was uns in den letzten Jahren völlig verwehrt geblieben ist: Zehntausende Menschen für vernünftige Forderungen auf die Straße zu bringen.

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