Friedensmacht des Tages: NATO
Von Felix Bartels
Bewaffnet, doch als Friedensheld. Das von Wilhelm Busch derart bedichtete Tier ist tatsächlich friedlich, seine Stacheln halten die Fress-feinde fern. In der Sphäre der globalen Politik wimmelt es von Akteuren, die sich als Igel identifizieren. Kissinger hat den Friedensnobelpreis erhalten, Grass den für Literatur, man hätte auch Grass den für Frieden und Kissinger den für Literatur geben können, der Unsinn wäre nicht größer.
Wie am Donnerstag bekanntwurde, wird die NATO 2026 den Internationalen Preis des Westfälischen Friedens erhalten. Putin dürfte, wie weiland Freud, missmutig »Beim Friedenspreis übergangen« notiert haben. Er hat bislang schlicht zu wenige Länder angegriffen, um in Münster berücksichtigt zu werden. Die in der NATO verbündeten Staaten haben, mit oder ohne Mandat, im Ablauf des zurückliegenden Dreivierteljahrhunderts mehr Kriege begonnen, übernommen oder am Laufen gehalten als sämtliche anderen Staaten und Bündnisse. Rund um den Globus weiß man über NATOderfahrungen zu berichten.
Scham kompensiert sich am besten mit Schamlosigkeit. Das Wort wird Macht, wenn der Sprechende Macht hat und die Bereitschaft, es oft genug zu wiederholen. Mit der Auszeichnung soll »die kontinuierliche Friedensarbeit« der NATO gewürdigt werden. Sie, die derzeit unter Maßgabe der Siegfriedenlogik vermittels kontinuierlicher Militärhilfe eine Land-für-Frieden-Lösung in der Ukraine verhindert, schaffe »Verlässlichkeit, fördere Partnerschaft und ermögliche Frieden durch Stabilität«. Den Elefanten im Raum muss nicht ignorieren, wer ihn zur Friedenstaube erklären kann: So lobt die Jury den Kosovokrieg und das Lodernlassen des Kriegs in der Ukraine.
Statt es wenigstens zu beschweigen. Rodaris Gelsomino, Orwells 1984, Andersens nackter Kaiser – unsere Gegenwart ist die Dystopie zum Schaudermärchen.
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