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Aus: Ausgabe vom 06.11.2025, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Krank in Deutschland

Zu jW vom 31.10.: »Keine OP für Opa«

Als ich 1991 mit meinem Sohn nach Kuba reiste, um die sozialistisch regierte, von den USA sanktionierte Insel aus der Nähe kennenzulernen, hatte ich eine kleine Spende medizinischer Geräte (z. B. Infusionsschläuche) im Gepäck. Vor dem nächstgelegenen Krankenhaus machten wir Halt. Welche Überraschung: Als nicht bekannte Ausländer wurden wir sofort freundlich empfangen und nach unseren »Beschwerden« gefragt! Ich hatte den Eindruck, man wolle uns sofort behandeln.

Ein solcher Empfang war mir aus der BRD unbekannt. In der dortigen »Notaufnahme« ist man gewohnt, ungefragt und trotz Schmerzen mehrere Stunden unangesprochen zu warten. Doch es soll in Zukunft noch schlimmer werden. Auch Zuzahlungen für Medikamente, falls sie überhaupt verfügbar sind, sollen erhöht werden. Die »Finanzkommission Gesundheit« rechnet mit Milliardendefiziten. Es geht nicht um die Gesundheit der Bürger – jedenfalls nicht der gesetzlich Versicherten –, sondern um ein noch schärferes Zweiklassensystem in der BRD.

Die Aussichten für ältere kranke Menschen sollen noch schlechter werden als bisher, es sei denn, sie zahlen privat das Vielfache. Doch das kann die Mehrheit alter und kranker Menschen nicht leisten. Wie soll auch in einer kapitalistischen Gesellschaft, in der nur Gewinne einer riesigen Waffenlobby zählen, Gerechtigkeit für die einzelnen Bürger verwirklicht werden? Mit einer Zweiklassenmedizin kann es niemals Demokratie geben!

Eva Ruppert, Bad Homburg

Gedruckte Aufklärung

Zu jW vom 31.10.: »Vertieftes Lesen lernen«

(…) Jürgen Kuczynski, Wirtschaftswissenschaftler in der DDR, ließ es sich bis ins hohe Alter und in die letzten Wochen der DDR nicht nehmen, vor allem vor jungen Menschen aufzutreten, Vorträge zu halten, Diskussionen zu führen. Viele werden noch sein Buch »Im Dialog mit meinem Urenkel« in guter Erinnerung haben. Der Drang nach vertieftem politischen Wissen und kritischer Auseinandersetzung war unter der Jugend deutlich ausgeprägter, als es heute der Fall ist. »Vertieftes Lesen lernen«, Gelesenes verstehen, nachdenken, eigene Meinung bilden, Zusammenhänge, Ursachen, Hintergründe erkennen braucht es heute mehr denn je; und zu finden sind solche Artikel in öffentlich-rechtlichen Medien kaum mehr. Jugend hat sich ohnehin weitgehend abgewandt, setzt auf moderne Medien, kurz, knapp, oberflächlich, zusammenhanglos, oft einseitig mit Halbwahrheiten, einer scheinbar einleuchtenden Wirklichkeit für schnelldenkende Allwissende. Hinter vielen kritischen Wahrheiten das Verschwiegene, die eigentlichen Interessen zu erkennen, dürfte den meisten verborgen bleiben. (…)

»Sie lügen wie gedruckt. Wir drucken, wie sie lügen« – Wo ist neben der jungen Welt, neben Unsere Zeit oder dem Rotfuchs heute noch ein vergleichbares Druckerzeugnis mit diesem Anspruch und täglicher Wirklichkeit? Für das dringende Verstehen dessen, was sich in unseren Tagen immer bedrohlicher nähert, welche Politik es noch vorantreibt, die von Moral und Menschenrecht redet, aber nur Moneten und Maximalprofit der Groß- und Rüstungskonzerne, der Kriegswirtschaft auf dem Schirm hat, sich dem verpflichtet fühlt, dafür steht unsere junge Welt fest und unerschütterlich. Wenn sie ihren Beitrag dazu leistet, dass immer mehr Presse- und Medienfreiheit als Klassenrecht und -freiheit verstehen, immer mehr zu wirklich unabhängiger Presse greifen. Unsere Abonnenten wachsen und wachsen, weil sie verstehen, sich nicht in Scheinwelten verblöden zu lassen: So können wir mit Hoffnung in die Zukunft blicken. Unsere junge Welt lesen wir nie nur allein für uns und für das Altpapier. Immer und überall finden sich Junge wie Alte mit Interesse an der jW.

Roland Winkler, Aue

Schlaue Füchse des Tages: Quallen

Zu jW vom 3.11.: »Vorschlag«

Auf Seite 14 unter »Neuronullen« wird ein Film über Quallen angekündigt. Nur eben hirnlos sind die absolut nicht. Eine Laune der Natur hat nur zu einer verteilten Anordnung derjenigen Zellen geführt, die wir als Gehirn kompakt im Kopf haben. Kognitive Leistungen können die Quallen damit trotzdem erbringen. Es gibt viele solche Spezies im Tierreich.

Der Hinweis auf einen von ihnen abstammenden Außenminister ist allerdings einsame Spitze. Es wirkt schließlich nicht menschlich, sondern gesichert »quallert«, China und andere nondiplomatös anzufurzen und sich über die Reaktionen darauf nesselmäßig zu echauffieren.

Andererseits dürfte es wohl seiner dem Anschein nach humanoiden Hülle geschuldet sein, was auf Seite vier unter »Warnschüsse von rechts« zu lesen war. Tränen wegen der Rückkehr der fürs Kapital so nützlichen geflohenen Syrer. Meinen Respekt für ein völlig unterschätztes biologisch-politisches Kuriosum!

Hans-Jürgen Thiele, Chemnitz

Den Spiegel vorgehalten

Zu jW vom 31.10.: »Einer muss es machen«

Heinrich Hannover war ein wunderbarer Freund und sehr geschätzter Kollege. Jede Begegnung mit ihm war ein Erlebnis. Seine Memoiren »Die Republik vor Gericht« sind ein Spiegelbild der politischen und juristischen Entwicklung der Bundesrepublik sowie eine kritische Auseinandersetzung mit ihr. Besonders hervorzuheben ist nach wie vor, dass es ihm gelang, in einem nicht einfachen Klageerzwingungsverfahren nach dem Tod von F. K. Kaul zu erreichen, dass ein Tatverdächtiger an der Ermordung Ernst Thälmanns sich Mitte der 1980er Jahre vor Gericht verantworten musste. Auch wenn dieser in letzter Instanz freigesprochen wurde, war es zumindest eine späte juristische Auseinandersetzung, die dem betreffenden Angeklagten nicht erspart blieb.

Ralph Dobrawa, Gotha

Eine Laune der Natur hat nur zu einer verteilten Anordnung derjenigen Zellen geführt, die wir als Gehirn kompakt im Kopf haben. Kognitive Leistungen können die Quallen damit trotzdem erbringen.

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