Bricht Vonovia geltendes Recht?
Interview: Yaro Allisat
Sie gehen davon aus, dass Mieter des Immobilienkonzerns Vonovia seit Jahren zu hohe Heizkosten zahlen. Warum?
Seit dem 1. Januar 2014 müssen laut Gesetz in Mehrfamilienhäusern sogenannte Wärmemengenzähler eingebaut werden. Das sind kleine Geräte im Heizungskeller, die verbrauchsgenau den Durchfluss von Warmwasser für Heizungen und andere Nutzung messen. Seit über zehn Jahren besteht also die Pflicht, diese Geräte einzubauen. Wenn das nicht gemacht wird, so haben Gerichte entschieden, haben Mieter einen pauschalen Anspruch auf eine Rückerstattung von 15 Prozent. Seit über zehn Jahren nun hält Vonovia das geltende Recht nicht ein, indem der Konzern die Zähler nicht verbauen lässt. Vonovia stellt es so dar, als müssten die Mieter den Einbau der Wärmemengenzähler einfordern. Die Mieter wissen aber meist gar nicht, dass ein Wärmemengenzähler nicht verbaut ist. Das kommt oft erst raus, wenn wir sie auf unseren »Heizkostencheck« hinweisen.
Wie genau?
Ein Mieter bei Vonovia hat den »Heizkostencheck«, ein Tool der Partei Die Linke bundesweit, genutzt. Seine Heizkostenrechnung wurde an unser dezentrales Prüfteam weitergeleitet. Das Team schaut dann, ob die Abrechnung korrekt ist oder nicht. Wenn das Prüfteam Fehler in der Abrechnung feststellt, schauen wir auch nach, ob noch weitere Häuser im umliegenden Bereich betroffen sind. Das kann zum Beispiel sein, wenn die Häuser baugleich sind oder zum gleichen Unternehmen gehören. Manchmal steht es sogar auf der Abrechnung drauf, für welche Adressen sie gilt. Das ist hier der Fall gewesen. Es geht um mehrere Vonovia-Wohnkomplexe. Unsere Bundesebene oder die lokalen Prüfteams unterstützen dann dabei, Widerspruch gegen die Heizkostenabrechnung einzulegen und so den Mietern zu helfen, von ihrem Recht Gebrauch zu machen. Wir haben in diesem Fall begonnen, mit einem vorgefertigten Widerspruchsschreiben im juristischen Wortlaut an die Haustüren in den betroffenen Komplexen zu gehen. Die Mieter mussten nur noch ihren Namen eintragen, unterschreiben und selbständig das Schreiben bei Vonovia einreichen.
Planen Sie weitere rechtliche Schritte gegen Vonovia?
Sammelklagen sind in Deutschland leider nicht möglich. Deshalb gehen wir weiterhin an die Haustüren, sprechen mit den Mietern und helfen ihnen beim Widerspruch. Wenn Vonovia nichts ändert, werden wir die Haustüren wohl jedes Jahr abklappern.
Der betroffene Mieter, über den das ganze rauskam, ist gar kein Parteimitglied und hat trotzdem seine Unterstützung angeboten. Er hilft dabei, seine Nachbarn zu informieren und ist auch an anderen Haustüren dabei. Denn es gibt noch weitere Fälle, von denen wir wissen und die wir in den nächsten Monaten angehen werden. Es kann also jeder einfach mit an die Haustüren gehen.
Wieso fokussiert sich Ihre Partei auf das Thema Heizkosten?
Es ist eine ganz konkrete Unterstützung. Menschen müssen uns nicht wählen oder mögen, aber darum geht es ja nicht, sondern erst mal darum, dass Mieter ihre Rechte wahrnehmen können. Das Thema ist dadurch auch medial überhaupt erst präsent geworden. Einige Menschen haben sich dadurch auch schon entschieden, langfristig in der Linken aktiv zu werden.
Wir haben seit März auch drei Versammlungen der Mieter bei Berlinhaus in Dresden organisiert, weil auch dort vieles falsch läuft. So zahlen die Mieterinnen horrende Kosten für den Einbau von Rauchmeldern oder den Wechsel des Namens auf dem Klingelschild. Dadurch, dass wir die Menschen zusammengebracht haben, organisieren sie sich nun und stehen nicht mehr als einzelne Mietparteien dem Wohnungskonzern gegenüber.
Wo sehen Sie diesen Kampf im politischen Gesamtkontext?
Für uns ist klar, dass Wohnen keine Ware sein darf. Jeder Mensch muss das Recht auf eine bezahlbare Wohnung haben. Jeder Euro, der nicht an den Vermieter fließt, kann im Stadtteil ausgegeben werden. Wir wollen den großen Wohnungskonzernen bei ihrer Umverteilung von unten nach oben, oftmals auch von Ost nach West, etwas entgegensetzen.
Paul Hübler ist Wahlkreismitarbeiter der Linke-Bundestagsabgeordneten Clara Bünger und Mitglied des Stadtvorstands der Partei Die Linke in Dresden. Er koordiniert ehrenamtlich die Heizkostenkampagne der Partei in Dresden.
Tageszeitung junge Welt am Kiosk
Die besondere Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Mehr aus: Inland
-
Welche Ziele verfolgt der Geschäftsführer?
vom 06.11.2025 -
»Entlastung« beim Arbeitsschutz
vom 06.11.2025 -
Außenminister als »Kommunikationsrisiko«
vom 06.11.2025 -
»In China, for China«
vom 06.11.2025 -
Die Mär stabiler Kassenbeiträge
vom 06.11.2025