Gegründet 1947 Donnerstag, 6. November 2025, Nr. 258
Die junge Welt wird von 3054 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 06.11.2025, Seite 1 / Ansichten
Deutsch-türkische Beziehungen

Bemühungen um Frieden sabotiert

Verhaftung eines PKK-Kaders in Hamburg
Von Nick Brauns
imago94083243.jpg
Fahnen der kurdischen Befreiungsbewegung auf einer Demonstration in Hamburg (12.10.2019)

Deutsche Polizei- und Justizbehörden triumphieren: »Bundesweit agierender Gebietsleiter der ausländischen terroristischen Vereinigung ›Arbeiterpartei Kurdistans (PKK)‹ in Hamburg festgenommen«, meldete die federführende Generalstaatsanwaltschaft Dresden am Mittwoch. Zu den »terroristischen« Taten, die dem 54jährigen Aziz K. angekreidet werden, gehört neben der Organisation von Demonstrationen und Spendensammlungen auch Wahlkampf unter Migranten für prokurdische Parteien in der Türkei.

In der Türkei zeichnet sich vorsichtig ein Friedensprozess zur Beendigung des vier Jahrzehnte währenden Krieges mit der PKK-Guerilla ab. So wurde eine Parlamentskommission gebildet, die sich mit der kurdischen Frage befasst. Und selbst der mächtige Faschistenchef Devlet Bahçeli setzt sich für die Freilassung des seit neun Jahren inhaftierten führenden kurdischen Oppositionspolitikers Selahattin Demirtaş ein. Möglich wurden diese Entwicklungen, nachdem ein Kongress der PKK im Mai einem Aufruf ihres inhaftierten Vorsitzenden Abdullah Öcalan folgend die Auflösung der Partei und die Einstellung des bewaffneten Kampfes beschlossen hatte.

Es ist Aufgabe der Kader der Befreiungsbewegung in Deutschland, solche Beschlüsse unter der millionenstarken kurdischen Diaspora zu vermitteln und umzusetzen. Wenn gerade in dieser Phase – und kurz nach dem Antrittsbesuch von Kanzler Merz in Ankara – ein laut Behörden seit zehn Jahren in Deutschland tätiger und entsprechend lange observierter PKK-Kader verhaftet wird, erscheint das als bewusste Sabotage der Friedensbemühungen.

Würde die Bundesregierung diesem Prozess eine Chance geben, müsste sie ihn durch eine Korrektur ihrer bisherigen repressiven Kurdistan-Politik ermutigen. Doch offensichtlich besteht kein Interesse an einer Türkei, die ihre inneren Wunden heilt. Denn ein so gestärktes Land böte seinen imperialistischen NATO-Partnern weniger Angriffspunkte zur Einflussnahme. Und der Rüstungsindustrie droht ein lukrativer Markt wegzubrechen, wenn die Waffen in den kurdischen Bergen schweigen.

Tageszeitung junge Welt am Kiosk

Die besondere Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe. 

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.