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Aus: Ausgabe vom 01.11.2025, Seite 9 / Schwerpunkt
Moderne Kriegführung

»Presented by Rheinmetall«

Stelldichein von Militär und Politik bei Drohnenmesse in Österreich. Wiener Hochglanzmagazin sponsert und bietet Plattform für Kriegsstimmung
Von Christian Bunke
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Auch der deutsche Rheinmetall-Konzern könnte am österreichischen Drohnengeschäft gut mitverdienen (7. 8.2024)

Über Kampfdrohnen wird derzeit viel gesprochen. Israel verwendet sie, um Journalisten und Ärzte in Palästina zu ermorden. In der Ukraine haben sie in den vergangenen Jahren den Charakter der Kriegführung drastisch verändert. »Der Russe« bedroht europäische Flughäfen mit unbemanntem Fluggerät, weshalb EU und NATO über den Aufbau eines »Drohnenschutzwalls« beratschlagen und zugleich mit großem Interesse die offensiven Fähigkeiten von Kampfdrohnen beäugen und sie bereits einsetzen. Wo neues Kriegsgerät das Schlachtfeld verändert, lässt sich Profit machen. Und wo sich Profit machen lässt, veranstaltet man im Kapitalismus Verkaufsmessen, um Industrie, Politik und militärische Kundschaft an einem Ort zusammenzubringen.

Am 23. September fand in Wien eine Waffenschau unter dem Titel »Drohnensymposium« statt – »Presented by Rheinmetall«, wie eine Werbebroschüre informierte. Der deutsche Rüstungskonzern betreibt im Wiener Bezirk Liesing eine Fabrik für die Produktion militärischer Lastkraftwagen. Ende Oktober war Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dort zu Besuch. Der Hauptsponsor des Drohnensymposiums produziert in Wien 1.000 neue Lkw für die Bundeswehr, die in der BRD für die militärische Aufrüstung im Rahmen der »Zeitenwende« gebraucht werden.

Neben Rheinmetall traten auch weitere international aktive Rüstungskonzerne wie Thales, General Atomics oder Lockheed Martin als Sponsoren auf. Rund 50 verschiedene Waffenschmieden fanden sich neben militärnahen Organisationen wie dem Milizverband, einer Lobbyorganisation der Reservisten, auf der Liste der teilnehmenden Aussteller wieder. Auch die Sprecherplätze auf der Messe waren prominent besetzt, unter anderem mit Generalleutnant Harald Vodosek, dem Rüstungsdirektor des österreichischen Bundesheeres, und Generalmajor Gerfried Promberger, dem Kommandanten der österreichischen Luftstreitkräfte. Mit Eva-Maria Kern war auch die Präsidentin der Universität der Bundeswehr München anwesend. Die österreichische Wirtschaftskammer sponsorte eine Podiumsdiskussion zum Thema »Schutz kritischer Infrastruktur«, die sich unter anderem der Frage widmete, ab wann militärisches Eingreifen erforderlich sei. Weitere Panels diskutierten Themen wie »Innovation in der Beschaffung« und Finanzierungsoptionen.

»Militär – Behörden – Industrie« prangten als Schlagworte auf der sich an potentielle Aussteller richtenden Broschüre. Wer diese Dreifaltigkeit live erleben wollte, musste tief in die Tasche greifen. Ein Ticket, das Zutritt zum Symposium sowie Teilnahme am Branchentreff und Netzwerkabend ermöglichte, kostete stolze 249 Euro. Die Ausstellerflächen reflektierten den vielfältigen Charakter der Drohnenbranche, die neben etablierten Rüstungskonzernen auch jüngere Startups aufweist. Ein Stand in der »Startup Area« kostete 1.490, im an größere Unternehmen gerichteten »Grand Space« schon 9.000 Euro.

Erwünscht war auf dem Symposium ausschließlich interessiertes Fachpublikum. Eine breitere Medienpräsenz war nicht vorgesehen, Berichterstattung gab es folglich kaum. Das ist bei derlei Anlässen gängige wie intransparente Praxis; schließlich richtete auch Österreichs konservative Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) ein Grußwort an die anwesenden Militärs und Wirtschaftsleute. Redner Marcel Lehner, Leiter der Konzernsicherheit der Wiener Stadtwerke, illustrierte die Durchmischung ziviler und militärischer Persönlichkeiten, die hier zusammenkamen.

Organisiert wurde die Fachmesse von der außerhalb von militärischen Fachkreisen wenig bekannten Zeitschrift Militär aktuell. Diese viermal pro Jahr erscheinende Hochglanzzeitschrift hat ihre unscheinbaren Bürogebäude in Wiens drittem Gemeindebezirk. Als Geschäftsführer des herausgebenden QMN-Verlags treten Matthias Heigl und Jürgen Zacharias auf. Die beiden haben die im Jahr 2012 gegründete Zeitschrift laut eigenen, in einem Podcast getätigten Aussagen 2023 aus einem größeren Verlag herausgekauft und betreiben diese nun in Eigenregie.

Die Zeitschrift liegt nach Angaben im Podcast »Relevant« in jeder österreichischen Kaserne sowie in den für militärische Fragen relevanten Ministerien aus und wird dort auch gelesen. Inhaltlich gehe es der Zeitschrift darum, ein verbindendes Forum für österreichische und internationale Rüstungskonzerne sowie das Bundesheer zu bieten, die hier ihre gemeinsamen Interessen herausstreichen können. Ziel sei es, »ein stimmiges Umfeld für Werbekunden« zu schaffen, deren oft ganzseitige Inserate großzügig im Heft verteilt sind. Und als Anreiz für die Werbekunden behaupten Heigl und Zacharias, dass ihr Heft »konkurrenzlos in Österreich« sei und »von den Entscheidern« gelesen werde.

Letztere inserieren auch kräftig in dem Blatt. In der aktuellen Ausgabe findet sich ein als Aufsatz getarntes vierseitiges Inserat des Bundesministeriums für Landesverteidigung. Inhaltlich geht es um die Rolle der Medien bei der Herstellung der »Kriegstüchtigkeit« in der Bevölkerung. Der Titel: »Stell dir vor, es ist Krieg – und keiner glaubt an den Sieg.«

Hintergrund: Österreich macht in Drohnen

Österreich rüstet auf – und profitiert von der Aufrüstung anderer Länder. 18 Milliarden Euro sind für die Nachrüstung im Rahmen des »Aufbauplans Österreichisches Bundesheer 2032 plus« veranschlagt. Das sei nötig, um das Bundesheer »wieder verteidigungsfähig« zu machen, so der Propagandasprech von Politikern und führenden Militärs. Die Anschaffung von Drohnen spielt dabei eine wichtige Rolle. So schafft das Bundesheer laut Angaben von Militär aktuell »315 taktische Aufklärungsdrohnen des Typs Magni-X von Elbit Systems Deutschland an – mit einer Option auf weitere 300 Systeme«. Elbit Systems ist ein israelischer Rüstungskonzern, der weltweit wegen der materiellen Unterfütterung des Genozids im Gazastreifen in der Kritik steht.

Umgekehrt wird auch die israelische Armee mit Produkten aus Österreich beliefert. Ein Beispiel ist die zum kanadischen Bombardier-Konzern gehörende Gunskirchner Firma Rotax. Sie liefert Elektromotoren nach Israel, die dort in Drohnen eingebaut werden. Unter anderem betreibt Rotax Geschäfte mit dem Konzern Elbit, womit sich gewissermaßen ein Kreis schließt. Ein weiteres Beispiel ist der österreichische, auf die Herstellung unbemannter Helikoptersysteme spezialisierte Schiebel-Konzern. Er hat Standorte in Wien, Wiener Neustadt, Washington, Abu Dhabi und im australischen Shoalhaven. In Wiener Neustadt werden seit diesem Herbst ausschließlich auf Bewaffnung ausgelegte Helikoptersysteme produziert. Daneben existiert ein wachsendes Netzwerk an Startups, deren Gründer teilweise einen Hintergrund als ehemalige Berufsoffiziere haben. Ein Beispiel ist ARX Robotics, das unbemannt fahrende Waffensysteme für den Bodeneinsatz zur Unterstützung der Infanterie entwickelt.

Der für florierende Privatunternehmen nötige Markt wird staatlich hergestellt. Und auch hier öffnet Militär aktuell die Türen: In der aktuellen Ausgabe findet sich ein Interview mit Brigadier Erich Weissenböck, dem Leiter der Abteilung Strukturplanung im Verteidigungsministerium. Er kündigt darin »eine abgestufte Drohnenabwehr bis zur mittleren Reichweite« an. »Bis 2032 werden Drohnenabwehrelemente in den Verbänden etabliert sein.« Davon profitiert wiederum der deutsche Rheinmetall-Konzern. Schon im Jahr 2023 verkaufte der Konzern Flugabwehrsysteme der Reihe »Skyguard Next Generation« im Wert von 532 Millionen Euro netto an die Regierung in Wien. »Österreich übernimmt mit diesem Leuchtturmprojekt eine absolute Spitzenrolle im Bereich der Flieger- und Drohnenabwehr in Europa«, hieß es in einer Mitteilung vom Dezember 2023. (cb)

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