Gegenwind für Merz und Haushaltssperre
Von Steve Hollasky, Dresden
					In seiner Schule werde sogar am Kopierpapier gespart. Der Frust über die Situation sitzt bei Vincent Görlich tief. Der Dresdner Schüler hatte sich bereits im Winter 2024/2025 an den Protesten des »Bündnisses gegen Kürzungen« in der sächsischen Landeshauptstadt beteiligt. Die Politik von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) blute die Kommunen finanziell aus, daher müsse man gegen ihn auf die Straße, erklärte Görlich. Zum Protest gegen den Besuch des Kanzlers in Dresden hatten am Dienstag das »Bündnis gegen Kürzungen«, »Tolerave«, »Puzzle«, die Linksjugend, »Herz statt Hetze« und weitere Gruppen aufgerufen.
Merz absolvierte, wie angekündigt, am Dienstag seinen Antrittsbesuch in Sachsen bei Ministerpräsident Michael Kretschmer (ebenfalls CDU). Gut 1.500 Menschen wollten den früheren Blackrock-Lobbyisten wissen lassen, was sie von seiner neoliberalen Sozialraubpolitik sowie seinen von rassistischen Ressentiments geprägten Äußerungen halten. »Die Politik des Bundeskanzlers ist ein Angriff auf uns alle«, erklärte die gelernte Krankenschwester Anne Pötzsch im jW-Gespräch am Dienstag. »Wir sollen in Zukunft länger arbeiten und dafür dann weniger Rente bekommen, das wollen wir nicht hinnehmen.« Dass Merz seine Politik nun auch noch mit rassistischen Äußerungen garniere, sei »das alte Spiel im Kapitalismus«. Es gehe um »teile und herrsche«, dabei müssten »wir alle gemeinsam kämpfen, um Aufrüstung und Sozialabbau zu verhindern«, hielt Pötzsch fest. Die Politik der Regierung von Union und SPD sei auch ein Angriff auf die finanzielle Ausstattung der Kommunen. In Dresden hatte das »Bündnis für Pflege« die schlimmsten Haushaltskürzungen in einer monatelangen Kampagne abwenden können, nun kämen sie mit der verhängten Haushaltssperre durch die Hintertür zurück, kritisierte Pötzsch.
Welche Auswirkung das hat, erklärte gegenüber jW auch Wolfgang Fehring. Der Vorsitzende der Verdi-Vertrauensleute von den Dresdner Verkehrsbetrieben (DVB) setzt sich mit dem Bündnis für die Rücknahme aller Kürzungen ein. »Viele Kollegen« hätten derzeit »Angst um ihren Arbeitsplatz«, erklärte der Gewerkschafter. Erst kürzlich war den DVB der Kauf dringend benötigter Busse durch den Stadtrat verwehrt worden.
Merz’ »Stadtbild«-Aufforderung, mal »die Töchter« zu fragen, instrumentalisiere »Frauenängste« und verfestige »stereotype Machtverhältnisse«, erklärte eine Mitorganisatorin von der Gruppe »Puzzle« gegenüber junge Welt am Mittwoch. Clara Bünger, Bundestagsabgeordnete der Partei Die Linke, ging in ihrer Rede Merz für dessen Äußerungen zur Migration scharf an. Der »Prunkbesuch« des Kanzlers in Dresden geschehe zu einer Zeit, in der »er großflächig den Sozialstaat« angreife, erklärte Bünger im Gespräch mit dieser Zeitung.
Auch die »Initiative Antimilitarismus« nahm an der Demonstration gegen Merz teil. Wie Florian Rasch im Namen der Gruppe festhielt, werde »unsere Gesellschaft autoritärer, unsozialer und damit immer weniger lebenswert«, wenn der CDU-Politiker »mit seinen Aufrüstungszielen« durchkomme. Die soziale Frage treibt auch Andreas Gremm von der »Kampagne Jugend- und Gleichstellungsarbeit sichern« um, die gemeinsam mit dem »Bündnis gegen Kürzungen« für mehr Mittel für soziale Projekte kämpft. Die Jugendarbeit werde inzwischen »25 Prozent unterhalb des festgestellten Bedarfs« gefördert, erklärte Gremm am Mittwoch gegenüber jW. Es könne »nicht einmal mehr von einer Basisversorgung« gesprochen werden. Aus Kreisen der Dresdner Jugendarbeit erfuhr diese Zeitung, dass die Lage dramatisch sei. Jugendliche würden ideologisch ins reaktionäre, extrem rechte Lager abrutschen, und man habe kaum die Ressourcen, um diejenigen zu stärken, die sich davon abgrenzten. Am Tag der Demonstration verletzten zwei Faschisten in der Dresdner Straßenbahn einen tunesischen Mann mit einem Messer, wie die Sächsische Zeitung berichtete.
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