Stadtbildguerilla
Das gibt der Diskussion ums Stadtbild einen ganz neuen Drive: Der Staatsbürger in Uniform kehrt zurück. Städte und Kommunen mögen andere Pläne gehabt haben, doch die Umwandlung militärisch genutzter Liegenschaften zugunsten ziviler Zwecke findet nicht statt. Das Verteidigungsministerium erteilt jetzt den Befehl: Konversionsstopp. Der Soldat zieht wieder in die Kaserne ein. Basta.
Was davon zu halten ist beziehungsweise welche segensreichen Folgen die Entscheidung haben wird, weiß man beim Tagesspiegel. Der zitiert Nils Hilmer, Staatssekretär im Verteidigungsministerium: Der Aufwuchs der Bundeswehr sei »aufgrund der Bedrohungslage« (deren Bestehen wird selbstredend nirgends und zu keinem Zeitpunkt auch nur in einem Halbsatz in Frage gestellt) »nicht nur im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung zwingend, sondern bietet auch strukturpolitisch Chancen für unsere Kommunen und Länder«.
Endlich mehr Sicherheit, und dann auch noch eine Wohltat für die notorisch klammen Kommunen, das sieht man auch beim Redaktionsnetzwerk Deutschland so: »In strukturschwachen Regionen werden sich Bürgermeister und Landräte zuweilen freuen, dass die Bundeswehr jetzt doch nicht geht oder gar zurückkommt. Schließlich haben Soldaten häufig Familien, die wiederum Jobs, Kindergärten oder Schulen benötigen und Kaufkraft mitbringen.« Was sagt die Süddeutsche Zeitung dazu? Raten Sie mal: »Denn, das kennt man noch aus dem Kalten Krieg – Bundeswehr-Standorte sind auch ein Wirtschaftsfaktor.«
Die Lokalpresse ist näher dran, hat also andere Sorgen. Die Passauer Neue Presse lässt den Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Christian Schuchardt, zu Wort kommen, der zur Entscheidung des Verteidigungsministeriums eine, wie kann er bloß, zivile Perspektive vorbringt: »Das ist ziemlich bitter gerade dort, wo die Menschen fest mit neuen Wohnungen gerechnet und sich darauf gefreut haben.«
Bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung räumt man zwar notgedrungen ein, dass »nun hie und da Pläne von Ländern und Kommunen schmerzhaft durchkreuzt« werden, aber lirum, larum, Löffelstiel, Landesverteidigung geht vor: »Deshalb war es ein notwendiger Schritt, dass das Verteidigungsministerium die sogenannte Konversion gestoppt hat. (…) Die Bundeswehr benötigt diese Reserve. (…) Sie braucht sie übrigens nicht nur, um Soldaten und Kommandos zu behausen, sondern auch, um in den Städten präsent zu sein, statt immer weiter in die Peripherie gedrängt zu werden.« Denn das wird nötig haben, wer entschlossen Stadtbilder verändern will. (brat)
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