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Aus: Ausgabe vom 30.10.2025, Seite 3 / Ansichten

Heldin des Tages: Haselnusswanze

Von Felix Bartels
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Die Haselnusswanze verzehrt drei 450-Gramm-Gläser Nutella pro Tag

Im Piemont fallen die Nüsse von den Sträuchern. Grün, schrumplig und bitter, reifen sie am Boden nicht nach. Auch Kirschen reifen nicht nach, obwohl die Piemont-Kirsche eine Erfindung der Firma Ferrero ist. Ferrero, nicht Ferrari, das lange zum Fiat-Konzern gehörte, der wiederum aus dem Piemont kommt. Irgendwie gehört alles mit allem zusammen, Italien halt. Die Haselnüsse machen sich rar, im Piemont und in Sizilien, wo übrigens auch die … ach, lassen wir da.

Nun meldet der italienische Bauernverband, dass 2025 nur 70.000 Tonnen Haselnüsse geerntet wurden. Dramatisch für Ferreros Flaggschiff Nutella. Seltsamerweise war man schon davon ausgegangen, dass in Nutella ohnehin keine Nüsse mehr sind, Arzt, Apotheker und Packungsbeilagen sagen: 13 Prozent.

Der Preis wird steigen. Gegenwärtig kostet das Glas 3,79 Euro, 22 Prozent mehr als 2022. Gekauft wird es wohl dennoch weiterhin werden. Über Jan Ullrich geht die Legende, dass er sich in Trainingspausen gern ein mikrowellenerwärmtes Glas reinkippte. Heute weiß die Sportmedizin, dass der menschliche Körper bei Hochleistung bis 120 Gramm Kohlenhydrate pro Stunde verstoffwechseln kann, sofern die Mischung aus Glukose und Fructose stimmt, wovon Nutella indessen weit entfernt bleibt. Es ist tatsächlich genauso ungesund wie sein Ruf.

Eine Laune der Gesellschaft weicht einer Laune der Natur. Neben dem Klimawandel wird die Missernte mit der Haselnusswanze in Verbindung gebracht. Die einen ähnlichen Job zu haben scheint wie der Borkenkäfer in unseren Breiten. Der killt seit Jahren die aus industriellen Zwecken installierte Monokultur Nadelwald, und in der Sächsischen Schweiz erhebt sich bereits der bunte Mischwald aus dem tot-schwarzen Boden. Vielleicht gibt es auch im Piemont dereinst wieder florale Vielfalt, und auf den Pausenbroten unserer Knilche dann auch.

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