Trump-Regierung lässt hungern
Von Lars Pieck
Im »Land der Freien« sind nahezu 13 Prozent aller Bürger abhängig von staatlicher Unterstützung. Diesen mehr als 40 Millionen armen US-Amerikanern droht nun weitere Verelendung: Wegen des seit Monatsanfang andauernden US-Regierungsstillstands könnte das Ernährungshilfeprogramm SNAP (Supplemental Nutrition Assistance Program) im November ausfallen. Zumindest hat das Landwirtschaftsministerium (USDA) am Freitag angekündigt, US-Dollar in Milliardenhöhe zurückhalten zu wollen, bis eine politische Einigung vorliegt. Familien bangen derweil um ihre Grundversorgung. Der Kongress und das Weiße Haus stehen inzwischen auch aus den eigenen Reihen unter wachsendem Druck, den Shutdown zu beenden.
Das SNAP gehört zu den wichtigsten Sozialleistungen der USA und unterstützt rund jeden achten Staatsbürger bei Lebensmitteleinkäufen. Pro Kopf beträgt die durchschnittliche monatliche Auszahlung 187 US-Dollar; die meisten Bezieher leben an oder unterhalb der amtlichen Armutsgrenze. Anspruchsberechtigte erhalten aufgeladene Geldkarten, die ausschließlich für Lebensmittelkäufe in teilnehmenden Geschäften und auf Bauernmärkten genutzt werden können.
Obwohl der Kongress für das Programm fünf bis sechs Milliarden US-Dollar bewilligt hat, untersagt das USDA die Auszahlung. Vollständig gedeckt wird der Bedarf von schätzungsweise acht Milliarden Dollar aber ohnehin nicht. Das USDA begründet seinen Hungerkurs damit, dass die Mittel nur für Notfälle wie Naturkatastrophen vorgesehen seien. Die Schuld für den anhaltenden Shutdown gibt die Trump-Regierung indes den Demokraten und behauptet, dass sie die Gelder während dieser künstlichen Krise nicht für SNAP aufwenden könne. Damit soll Druck auf die Opposition ausgeübt werden, den republikanischen Haushaltsentwurf zu unterstützen.
Der gegenwärtige Regierungsstillstand ist schon jetzt der zweitlängste in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Der Streit, der die Grundversorgung mit Nahrung ins Stocken bringt, dreht sich selbst um Grundversorgung, nämlich um die medizinische. Die Demokraten verlangen eine Verlängerung der Subventionen im Rahmen des sogenannten Affordable Care Act, ohne die die Krankenversicherung für viele unbezahlbar würde, und verweigern deshalb ihre Zustimmung zur Wiederaufnahme des Regierungsbetriebs. Die Republikaner wollen darüber erst nach einer Einigung über den Haushalt verhandeln. Landwirtschaftsministerin Brooke Rollins forderten demokratische Abgeordnete in einem Schreiben auf, die Notfallmittel freizugeben.
Die Aussicht, dass alsbald massenweise Menschen hungern, sorgt inzwischen parteiübergreifend für Unruhe: Einige Gouverneure kündigten an, notfalls eigene Gelder einzusetzen. USDA teilte daraufhin mit, dass diese nicht erstattet würden. Andere Bundesstaaten, darunter Arkansas und Oklahoma, rieten den Empfängern, sich auf einen Ausfall vorzubereiten und lokale Lebensmittelbanken zu kontaktieren. Virginias republikanischer Gouverneur Glenn Youngkin will sogar den Notstand ausrufen, um die Unterstützung aufrechtzuerhalten. Jeff Landry, sein Partei- und Amtskollege, versprach, dass »Senioren, Menschen mit Behinderungen und Kinder in Louisiana nicht hungern« müssten. In New Hampshire soll die Versorgung über mobile Ausgabestellen verbessert werden. Vermont plant zusätzlich Heizkostenbeihilfen. Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom, ein Demokrat, kündigte den Einsatz der Nationalgarde zur Unterstützung der Lebensmittelbanken an.
Trotz dieser Initiativen sind die Möglichkeiten der Bundesstaaten begrenzt, zumal rechtliche Interventionen seitens der Bundesregierung drohen. Das USDA verschärfte bereits die Unsicherheit, indem es den Staaten untersagte, Informationen an die Betreiber der SNAP-Debitkarten weiterzugeben, solange unklar ist, ob das Programm im November finanziert wird. Technische Hürden ungeachtet können mehrere Staaten die Kosten ohne Aussicht auf Rückerstattung ohnehin nicht bewältigen. Im »Land der Freien« ist zumindest die Regierung so frei, die von ihr abhängigen Staatsbürger verhungern zu lassen. Einmal die Hymne bitte!
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