Mehr Händler als Staatsmann
Von Tim Krüger
Friede im Mittleren Osten sei nichts weiter als »eine Illusion«. Es habe ihn nie gegeben und werde ihn nie geben, da die arabische Sprache kein Wort für »sich unterwerfen« kennen würde. So antwortete Thomas J. Barrack, US-Sondergesandter für Syrien und amtierender US-Botschafter in der Türkei, im September dieses Jahres in einem Interview mit der emiratischen Zeitung The National auf die Frage nach dem Ziel US-amerikanischer Politik in der Region.
Barrack, der sich gerne selbst als besonderer »Kenner des Mittleren Ostens« profiliert, wurde 1947 in Los Angeles als Enkel katholischer Einwanderer aus dem Libanon geboren. Der Botschafter, der seine privatwirtschaftliche Karriere in einer Rechtsanwaltskanzlei begann, gilt als alter Freund und Handelspartner Donald Trumps. Er ist Gründer, ehemaliger Vorsitzender und CEO der Investmentgesellschaft Colony Capital, welche seit 2021 unter dem Namen Digital Bridge firmiert.
Das Unternehmen zählt zu den weltweit größten Investoren im Bereich digitaler Infrastruktur und verwaltet mit Niederlassungen in 19 Ländern ein Vermögen von rund 80 Milliarden US-Dollar. Die Beschreibung seiner Vita auf der Website der US-Botschaft in Ankara rühmt den umtriebigen Geschäftsmann als »Visionär, Querdenker und Vorreiter«, der ein »globales Netzwerk von Beziehungen« zu »den weltweit renommiertesten (…) mittelöstlichen Investoren und Regierungen« unterhalte.
Dass eben diese weitreichenden »Beziehungen« dem langjährigen Verbündeten Trumps 2022 eine Anklage wegen Verschwörung, Behinderung der Justiz und Falschaussage gegenüber der Bundespolizei FBI einbrachte, verschweigt die Botschaft auf ihrer Website. Barrack soll laut Anklage der Staatsanwaltschaft als »nichtregistrierter ausländischer Agent« während der ersten Amtszeit des amtierenden US-Präsidenten seinen Zugang zu Trump im Interesse der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) genutzt haben, um sich selbst zu bereichern.
Der Unternehmer unterhält seit langem lukrative wirtschaftliche Kontakte in die VAE. In der Zeit um Trumps Amtsantritt 2017 füllten sich die Kassen seiner Investmentfirma mit großen Summen aus dem Staatsfonds der Emirate. 2022 wurde er in allen Anklagepunkten freigesprochen. Barrack kommentierte die Entscheidung der Jury mit den Worten »Gott segne Amerika. Das System funktioniert«.
Barrack, der mit Trump näher bekannt wurde, als er dem damaligen Immobilienmakler 1988 das Plaza Hotel in New York zuspielte, passt mit seinem Politikstil – mehr Händler als Staatsmann – perfekt in das Team des US-Präsidenten. Er agiert nicht als Mittelsmann US-amerikanischer Kapitalinteressen im Mittleren Osten, sondern selbst als direkter Akteur der herrschenden Klasse. So wirkt Barracks Beteuerung während seiner Verteidigung 2022, er hätte niemals illegalen Lobbyismus für die Interessen der VAE betrieben, sondern sei immer stets »sein eigener Herr« gewesen, durchaus glaubhaft.
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