Söder lässt bewaffnete Drohnen aufsteigen
Von Kristian Stemmler
Die Drohnenhysterie, der in Dänemark schon wieder der Stecker gezogen worden zu sein scheint, zieht in Deutschland weiter Kreise. Am Dienstag hat die bayerische Landesregierung im Eilverfahren ein Gesetz für mehr Befugnisse der Polizei zur Abwehr unbenannter Flugsysteme auf den Weg gebracht. Das Vorhaben begründete Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit angeblichen Sichtungen von Drohnen in den vergangenen Tagen, so auf dem Münchner Flughafen, in Schleswig-Holstein und eben in Dänemark. Die Herkunft der Drohnen sei zwar unklar, aber die Vermutung liege nahe, dass sie aus Russland kämen. Konkrete Anhaltspunkte dafür wurden wie üblich nicht präsentiert. Offensichtlich solle die Bevölkerung verunsichert werden, so Söder, der von einer »Form der psychologischen Kriegsführung« sprach – und damit natürlich nicht sein eigenes Auftreten meinte.
Insgesamt beschloss das Kabinett drei Maßnahmen. Zum einen soll die Polizei so schnell wie möglich die rechtlichen Befugnisse erhalten, um Drohnen direkt abzuschießen. Söder kündigte in diesem Zusammenhang die Entwicklung von bewaffneten Drohnen an. Zum zweiten soll in Erding ein »Drohnenkompetenzzentrum« der bayerischen Polizei am sogenannten Defense Lab Erding der Bundeswehr eingerichtet werden. Dabei wolle man mit Israel zusammenarbeiten. Schließlich solle das schon im September angekündigte Landesamt für Bevölkerungsschutz schnell umgesetzt werden. Mit Blick auf die Drohnenüberflüge sprach Söder von einer »zentralen Herausforderung« der nächsten Monate und Jahre. Es besteht »kein Anlass zur Panik, aber zur Vorsicht«.
Das Bundeskabinett will sich am Mittwoch mit dem Thema Drohnen befassen. Im Polizeigesetz soll eine klarere Zuständigkeit der Bundes- und Landespolizei in Sachen Drohnen verankert werden. Regierungssprecher Stefan Kornelius bremste unterdessen die in den vergangenen Tagen geschürte Erwartung, dass sich der neue Nationale Sicherheitsrat (NSR) sofort mit den Drohnenüberflügen beschäftigen wird. Der NSR befinde sich noch im Aufbau und habe seine Arbeit noch nicht offiziell aufgenommen, sagte Kornelius am Montag.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte zuletzt angekündigt, auch auf Bundesebene die »Drohnenabwehr« verstärken zu wollen. Gegen Alleingänge beim Thema Drohnenabwehr sprach sich Ulrich Mäurer (SPD), Vorsitzender der Innenministerkonferenz, aus. Das Thema sei »ein bundesweites und betrifft alle Länder gleich«. Daher sei ein abgestimmtes Vorgehen zwischen Bund und Ländern »hier elementar«, erklärte er gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Ins Zeug legen sich auch die Grünen. Illegale Drohnenüberflüge führten derzeit zu großer Verunsicherung in der Bevölkerung, erklärte deren parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic gegenüber dem RND. Dobrindts einseitiger Fokus auf das Thema Migration führe dazu, »dass tatsächliche Sicherheitsbedrohungen viel zu lange unbearbeitet blieben«. Die Sicherung des Luftraums könne nicht einfach der Bundeswehr übertragen werden, wenn die Bundespolizei hier die klare Zuständigkeit für die Gefahrenabwehr habe. Die Grünen-Fraktion hat im Bundestag eine aktuelle Stunde zur Drohnenabwehr beantragt.
Unklar ist bei all dem weiterhin, wer für die vermeintlichen oder tatsächlichen Drohnenüberflüge verantwortlich ist. Der Politikwissenschaftler Klemens Fischer wies am Dienstag im ARD-»Morgenmagazin« darauf hin, dass es sich bei den Drohnen, die in der vergangenen Woche den Münchner Flughafen lahmlegten, um Modelle handelt, die man in jedem Baumarkt kaufen könne. Diese Geräte flögen unter dem Radar und würden nur zufällig entdeckt. Wer dahinterstecke, wisse man nicht, so Fischer.
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