Bereit zum Entern
Von Nick Brauns
Es waren deutliche Warnschüsse, um die Teilnehmer der »Global Sumud Flotilla« für Gaza zum Umkehren zu zwingen: In der Nacht auf Mittwoch sind Schiffe der in internationalen Gewässern vor Kreta kreuzenden Flotilla von Drohnen attackiert worden. Elfmal hätten Quadrocopter – Drohnen mit vier Rotoren – explosive Vorrichtungen abgeworfen, auch brennende Chemikalien seien eingesetzt worden, berichtet eine der Organisatorinnen, die Berlinerin Louna, vom Schiff »Paola 1«. Vier Schiffe hätten Beschädigungen davongetragen, »Menschen wurden glücklicherweise nicht verletzt«, so Louna, die die stundenlangen nächtlichen Attacken, während denen der Funkkanal der Schiffe gehackt wurde, als »psychologische Kriegführung« bezeichnet. Bereits vor zwei Wochen waren Brandsätze auf die damals vor der tunesischen Küste liegenden Schiffe abgefeuert worden.
»Der Geist bleibt ungebrochen. Gaza ist nach wie vor das Ziel, die Menschlichkeit der Kompass«, meldeten sich Teilnehmer der Flotilla am Mittwoch morgen auf X zu Wort. An Bord der rund 50 von Spanien, Tunesien, Italien und Griechenland gestarteten Schiffe mit Hilfsgütern wie Kindernahrung und Medikamenten für den von Israel mit einer Hungerblockade belegten Küstenstreifen befinden sich rund 500 Aktivisten aus 44 Ländern. Darunter sind Ärzte, Journalisten und Politiker. Bekannte Gesichter sind etwa die Klimaaktivistin Greta Thunberg und die Schauspielerin Enissa Amani.
Während von den anderen EU-Regierungen bislang keinerlei Kritik an den mutmaßlich israelischen Angriffen auf die Flotte zu vernehmen war, brachte Italiens Verteidigungsminister Guido Crosetto am Mittwoch seine »schärfste Verurteilung« zum Ausdruck. In einer Demokratie müssten Proteste geschützt werden, wenn sie gewaltfrei und in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht durchgeführt werden, so Crosetto. Er habe die Mehrzweckfregatte »Fasan« der italienischen Marine angewiesen, der Flotte zu Hilfe zu kommen und den italienischen Staatsbürgern an Bord Unterstützung zu leisten. Offenbar sind die zwei landesweiten Streiks, mit denen italienische Gewerkschaften ihre Solidarität mit Gaza zeigten, nicht ohne Wirkung auf die ultrarechte Regierung in Rom geblieben, die als stramme Unterstützerin Israels gilt.

Während die Flotilla noch rund fünf Tage von der Küste von Gaza entfernt ist, bereitet die israelische Regierung die internationale Öffentlichkeit durch das Framing einer angeblichen Hamas-Steuerung auf ein militärisches Vorgehen zum Stopp der Menschenrechtsaktivisten vor. »Diese von der Hamas organisierte Flottille dient den Interessen der Hamas«, behauptete das Außenministerium am Dienstag auf X.
Sollten die Vertreter der »Hamas-Flottille« auf einer »gewaltsamen Vorgehensweise« bestehen, anstatt ihre Hilfsgüter am israelischen Hafen von Aschkelon abzuliefern, werde »Israel die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um ihre Einfahrt in die Kampfzone zu verhindern und jegliche Verletzung der rechtmäßigen Seeblockade zu unterbinden«, verkündete die israelische Botschaft in Berlin, verbunden mit der Versicherung, Israel werde »alles in seiner Macht Stehende tun, um die Sicherheit der Passagiere zu gewährleisten«. Daran kann gezweifelt werden. So hatten im Mai 2010 israelische Soldaten eine Hilfsflotte für Gaza in internationalen Gewässern geentert, auf dem Schiff »Mavi Marmara« wurden bei dem Piratenakt neun türkische Aktivisten getötet.
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