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Aus: Ausgabe vom 01.10.2025, Seite 15 / Antifaschismus
Kommunistischer Widerstand

Für Frieden und Fortschritt

Frankreich: Résistance-Kämpfer Léon Landini ist tot. Der Kommunist war letztes lebendes Mitglied der Widerstandsgruppe FTP-MOI
Von Eric Dupuis
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Léon Landini (M.) im Pariser Panthéon bei einer Gedenkfeier für kommunistische Widerstandskämpfer aus Armenien (21.2.2024)

Er kämpfte gegen die faschistische Besatzungsmacht in Frankreich und überlebte die Gefangenschaft sowie die Folter durch die Gestapo ungebrochen. Im Alter von 99 Jahren ist Léon Landini am 21. September in Versailles gestorben, wie die Tageszeitung L’Humanité berichtete. Landini war das letzte überlebende Mitglied der französischen Widerstandsgruppe »Francs-tireurs et partisans – main-d’œuvre immigrée« (FTP-MOI, dt.: »Freischützen und Partisanen der eingewanderten Arbeitskraft«). In der Gruppe waren auch seine Geschwister aktiv. Sie war ein bewaffneter Arm der Kommunistischen Partei Frankreichs (PCF) und setzte sich hauptsächlich aus Einwanderern zusammen.

Charles Tillon, der militärische Kommandeur des kommunistischen Widerstandes, bezeichnete die FTP-MOI als »das schönste Prunkstück des bewaffneten französischen Widerstands«. Der kommunistische Widerstand in Frankreich begann unmittelbar nach der Invasion deutscher Truppen, dem Debakel von 1940. Von allen politischen Formationen leisteten die Kommunisten mit weitem Abstand den größten Beitrag zur Befreiung vom Faschismus – und zahlten den höchsten Blutzoll. Zu den Immigranten, die sich dem bewaffneten Widerstand anschlossen, zählte auch die Familie Landini, die 1921 vor dem Faschismus nach Frankreich flüchtete.

Dort war die kommunistische Familie stets politisch aktiv. Der älteste Sohn Robert war ein leitendes Mitglied der kommunistischen Jugendorganisation. 1939 meldeten sich Robert und sein Vater freiwillig zur französischen Armee, um gegen die Wehrmacht zu kämpfen. Der 1926 geborene jüngere Sohn Léon begann nach der Kapitulation in Saint-Raphaël (Côte dʼAzur) mit einem Freund aus eigener Initiative, Sticker gegen die faschistische Regierung von Pétain zu kleben. Mit 16 Jahren nahm er erstmals an einer Aktion des Widerstandes teil, bei der ein Güterzug Richtung Deutschland zur Entgleisung gebracht wurde. Später schloss er sich den FTP-MOI im Limousin an, wo sein Bruder ihn mit den Worten empfing: »Hier machen wir jeden Tag Operationen, manchmal zwei an einem Tag. Die Lebenserwartung hier beträgt drei Monate.« Léon nahm die Möglichkeit, sich noch umzuentscheiden, nicht wahr. Später kämpfte er in Lyon an der sehr gefährlichen Front der urbanen Guerilla. Anschläge auf Züge, Vernichtung von Kriegsmaterial, Sprengung kriegswichtiger Fabriken und direkte Angriffe auf Besatzungstruppen waren sein Alltag.

Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa wurde Léon Landini in Lyon von der faschistischen Miliz verhaftet, verprügelt und anschließend der Gestapo übergeben. Er überstand die Folter und die Haft in einer Gefängniszelle, in der acht Gefangene auf sechs Quadratmetern ohne Wasser und Toilette eingepfercht waren. Die FTP-MOI war eine Einheit, die nicht jeden Abenteurer aufnahm, sondern nur ideologisch gefestigte Kommunisten in ihre Reihen ließ. So wurde sie nie unterwandert. Jeder ihrer Kämpfer, der in die Hände der Gestapo fiel, hielt der Folter stand, auch wenn viele sie nicht überlebten. Landini entkam während des hastigen Abzugs der deutschen Truppen dem Gefängnis.

Im Krieg starben in seiner FTP-MOI-Einheit mit dem Namen »Carmagnole-Liberté« 52 seiner Genossen. Der Name »Carmagnole« kommt aus einem berühmten Lied der Französischen Revolution, in deren Tradition sich die Kämpfer sahen. In der langen Geschichte der revolutionären Kämpfe Frankreichs haben sie die rote und blau-weiß-rote Fahne, die für Frieden und sozialen Fortschritt in Frankreich steht, in den dunkelsten Stunden getragen. Nach dem Krieg blieb Landini seinem Engagement treu und kämpfte im Algerien-Krieg gegen Kolonialismus, Imperialismus, Faschismus und Antikommunismus sowie für ein unabhängiges, starkes und kommunistisches Frankreich. Aus seinem bewaffneten Kampf wurde der politische Kampf gegen EU und NATO.

Als die Kommunistische Partei unter der Leitung von Georges Marchais und später Robert Hue jeglichen Bezug zu dem verlor, wofür sie in Landinis Jugend stand, trat er aus. Er sagte später: »Ich habe die Partei nicht im Stich gelassen, sie hat mich im Stich gelassen.« Er wurde später der Präsident des 2004 gegründeten Pôle de renaissance communiste en France (PRCF). In dieser Funktion blieb er bis zu seinem Lebensende aktiv.

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