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Aus: Ausgabe vom 26.09.2025, Seite 8 / Inland
OAT in Augsburg

»Wir dürfen uns nirgends unbeobachtet fühlen«

Offenes Antifaschistisches Treffen in Augsburg wiederholt mit Polizei und Justiz konfrontiert. Ein Gespräch mit Milena Triesch
Interview: Fabian Linder, Augsburg
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Alle Antifa? Teilnehmer einer Kundgebung am Moritzplatz beim Klimaschutzcamp in Augsburg (8.5.2022)

International machen sich mehrere rechte Regierungen daran, »Antifa«-Gruppen mit allen Mitteln des Staates zu verfolgen, bis hin zur Einstufung als »terroristisch«. In der BRD bleibt es vorerst bei Repression durch Ermittlungsverfahren und Hausdurchsuchungen. Davon war das Offene Antifaschistische Treffen, OAT, in Augsburg in diesem Jahr wiederholt betroffen. Wie hoch ist der Druck?

In Augsburg sind wir ein sehr hohes Maß an Repression gewohnt. Die jüngste Razzia war vor diesem Hintergrund keine Überraschung, sondern nur eine Fortsetzung der rechtswidrigen Durchsuchung in den Räumen des Plenums des OAT Augsburg im damaligen Hans-Beimler-Zentrum sowie des erfolglosen Einbruchs der Polizei durch die Hintertür der »Ganzen Bäckerei« auf der Jagd nach linken Flyern.

Ende Juli fanden insgesamt acht Hausdurchsuchungen in Ihrem Umfeld in Augsburg statt. Wie kam es dazu?

Konkret geht es um den 1. Juli. An dem Tag wollte Martin Sellner (Kopf der neurechten österreichischen »Identitären Bewegung«, jW) eine seiner Lesungen in Augsburg abhalten. Diese fand zwar, wie man jetzt weiß, am Ende in einem AfD-Büro in München statt. Dennoch hatten sich mehrere gewaltbereite Faschisten im Augsburger Norden sowie am Roten Tor (im Süden der Innenstadt, jW) versammelt. Es hing wie immer an uns, sich ihnen entgegenzustellen. Dabei kam es zu einem Zusammenstoß, in dessen Verlauf mehrere von ihnen durch Pfefferspray verletzt wurden. Mehrere Antifaschistinnen und Antifaschisten wurden daraufhin stundenlang polizeilich festgesetzt und teilweise in Gewahrsam genommen. Der Vorwurf lautet bei allen Betroffenen: schwerer Landfriedensbruch.

Man ging auch gegen Unbeteiligte oder Personen vor, die das Geschehen lediglich dokumentierten. Der Straftatbestand des schweren Landfriedensbruchs erlaubt es den Behörden, Menschen zu verfolgen, die sich nicht einmal aktiv an den Geschehnissen beteiligt haben. Dabei sind Rechtsextreme offenbar vertrauenswürdige Zeugen und willkommene Partner der Augsburger Polizei.

Ein Betroffener wurde bei seiner Rückkehr von einer Reise am Stuttgarter Flughafen von der Polizei abgefangen. Wird ihm das gleiche wie den anderen vorgeworfen?

So ist es. Als Grund wird angegeben, dass er bei den Razzien nicht zu Hause war. Die Bundespolizei kontrollierte ihn insgesamt über drei Stunden lang und beschlagnahmte seine elektronischen Geräte.

Auch denen, die bei der Durchsuchung angetroffen wurden, hat die Polizei sämtliche Datenträger abgenommen.

Das gewaltsame Eindringen in private Räume, das Entwenden technischer Geräte und das martialische Auftreten: Solche Erfahrungen wirken sich je nach Person unterschiedlich stark aus, vom ständigen flüchtigen Blick über die Schulter bis hin zu posttraumatischen Belastungsstörungen. Da zusätzlich digitale Überwachungsmaßnahmen genehmigt wurden, ist die Botschaft klar: Wir dürfen uns nirgends unbeobachtet fühlen. Schon seit Jahren geht der Augsburger Staatsschutz systematisch mit unverhältnismäßigen Hausdurchsuchungen, Falschanzeigen und Falschaussagen vor Gericht gegen alle vor, bei denen ein erhöhter Organisationsgrad vermutet wird.

Eine Durchsuchung des OAT-Plenums vor zwei Jahren wurde im Nachgang als rechtswidrig eingestuft. Wie planen Sie, gegen die jüngsten Razzien vorzugehen?

Die Vergangenheit hat leider gezeigt, dass es nach illegalen Maßnahmen und rechtswidrigen Handlungen für die verantwortlichen Polizisten keine Konsequenzen, sondern Beförderungen gibt. Die Staatsanwaltschaft Augsburg, die maßgeblich zum Ruf der »Unrechtsstadt« beigetragen hat, stärkt ihnen dabei vorbehaltlos den Rücken. Praktische Solidarität ist und bleibt deswegen unsere wichtigste Waffe im Kampf gegen die Klassenjustiz. Durch Spenden konnten alle Betroffenen mit Ersatzgeräten versorgt und die Kosten für die Reparatur der von den Beamten zerstörten Türen komplett gedeckt werden. Wir können daraus Kraft schöpfen. Türen können sie brechen, doch Solidarität sprengt Ketten!

Milena Triesch (Name geändert) spricht für das Offene Antifaschistische Treffen (OAT) Augsburg

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