Gegen die Komplizenschaft
Von Philip Tassev
Auch nach dem halbherzigen »Genehmigungsstopp« für Waffenlieferungen an Israel betonen führende deutsche Politiker wie Außenminister Johann Wadephul (CDU) immer wieder, wie bisher an der Seite der israelischen Regierung zu stehen. Diese lässt weiterhin ungestraft den im Grunde schon längst unbewohnbaren Gazastreifen bombardieren. Am Montag und Mittwoch zerstörten israelische Flieger dort mit gezielten Luftangriffen zwei der letzten noch funktionierenden Gesundheitseinrichtungen.
Die Initiatoren der »Zusammen-für-Gaza«-Demonstration wollen das nicht länger hinnehmen. Für Sonnabend, den 27. September, rufen sie zur Großdemonstration in Berlin auf. Vom Alexanderplatz verläuft die geplante Route über Unter den Linden, vorbei am Reichstagsgebäude und hin zum Großen Stern, wo zum Abschluss ein großes Solidaritätskonzert unter dem Motto »All Eyes on Gaza« stattfindet. Zahlreiche, zum Teil weit bekannte Künstler wie K.I.Z, PTK, Ebow, Pashanim und Antifuchs werden dort ab 17 Uhr auf der Bühne stehen.
Dafür mobilisieren die Organisatoren in ganz Deutschland. Man erhalte bundesweit großen Zuspruch, Jorinde Schulz, Die Linke Berlin, am Donnerstag vor Journalisten. Aus der ganzen Republik würden sich Aktionsbündnisse, gewerkschaftliche Zusammenschlüsse, antirassistische Gruppen und Einzelpersonen mit Bus und Bahn auf den Weg in die Hauptstadt machen. Schulz wies darauf hin, dass nach jüngsten Umfrageergebnissen des ZDF-»Politbarometers« 80 Prozent der Bevölkerung die Unterstützung der deutschen Regierung für Israels Vernichtungsfeldzug ablehnen. Die Initiatoren rechnen dementsprechend am Sonnabend mit Teilnehmerzahlen »im höheren fünfstelligen Bereich«.
Der Forderungskatalog ist so lang wie die Liste der israelischen Verbrechen, konzentriert sich dabei aber vor allem auf die »deutsche Komplizenschaft«. Die Organisatoren rufen die Bundesregierung dazu auf, jegliche militärische Kooperation mit Israel sofort zu beenden. »Dazu gehören Import, Export und Transit von Waffen, Munition und anderen Rüstungsgütern«, heißt es im Aufruf.
Weiter wird die deutsche Regierung aufgefordert, »alle zur Verfügung stehenden Mittel« zu nutzen, »um den ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe nach den anerkannten humanitären Prinzipien sowie einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand für Gaza zu erreichen«. Berlin müsse sich zudem »für die Freilassung aller Opfer von Kriegsverbrechen« einsetzen, »die sich als illegal Inhaftierte zu Tausenden in israelischen Gefängnissen und zu Dutzenden in Geiselhaft in Gaza befinden«. Der Palästina-Aktivist Ramses Kilani, der selbst mehrere Familienmitglieder durch israelische Bomben verloren hat, erinnerte am Donnerstag sichtlich bewegt daran, dass sich unter den illegal und ohne Anklage in israelischen Gefängnissen Inhaftierten auch Hunderte Minderjährige, sogar 12jährige, befinden.
Auf jW-Nachfrage berichtete der Journalist und einstige Musiklabelbetreiber Marcus Staiger, die Anmelder der Demonstration seien von der Polizei im Vorfeld »relativ gut« behandelt worden. Zugleich solidarisierte er sich ausdrücklich mit allen Protesten gegen den Völkermord in Gaza. Staiger wünsche sich, dass sämtliche palästinasolidarische Demonstrationen solch eine »gute« Behandlung erfahren würden.
Mit wie vielen Polizeitruppen am Sonnabend zu rechnen ist, konnten die Organisatoren nicht einschätzen. Man sei aber darauf vorbereitet, die Demoteilnehmer vor möglicher Polizeigewalt zu schützen.
Anmerkung vom 28. September 2025: In einer früheren Version dieses Artikels wurden Äußerungen wiedergegeben, die der Linke-Politikerin Lea Reisner zugeschrieben wurden. Tatsächlich hat Jorinde Schulz vom Linke-Landesverband Berlin an der Pressekonferenz teilgenommen. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.
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