Eiliger EU-Deal auf Bali
Von Thomas Berger
Auf der Insel Bali haben Indonesien und die EU am Dienstag ein Freihandelsabkommen unterzeichnet. Das Comprehensive Economic Partnership Agreement (CEPA) basiert auf der im Juli in Brüssel geschlossenen Grundsatzvereinbarung zwischen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und dem rechtskonservativen indonesischen Präsidenten Prabowo Subianto. Als Ziel galt, den Deal bis September zum Abschluss zu bringen. Er ist das Ergebnis neunjähriger Verhandlungen. Noch vor einiger Zeit schien eine finale Einigung kaum in Sichtweite. Doch der von US-Präsident Donald Trump vom Zaun gebrochene Konflikt mit vielen Handelspartnern um einseitig verhängte Strafzölle hat zuletzt Brüssel wie Jakarta zu einer zügigen Unterzeichnung gedrängt.
Auf 27,3 Milliarden Euro belief sich im Vorjahr das bilaterale Handelsvolumen. Derweil die 27 Mitgliedsländer der EU Güter im Gesamtwert von 17,5 Milliarden Euro aus Indonesien importierten, betrugen die Ausfuhren aus dem Bündnis in den Inselstaat mit 9,7 Milliarden Euro nur gut die Hälfte. 2024 war Indonesien damit zwar nur fünftgrößter Handelspartner der EU aus den Reihen des Zehnerblocks der ASEAN. Aber die führende Volkswirtschaft Südostasiens mit einer Bevölkerung von 280 Millionen Menschen gilt als einer der größten Märkte in absehbarer Zukunft. Nach den Vereinbarungen mit dem Stadtstaat Singapur und mit Vietnam ist dies nun schon das dritte Freihandelsabkommen Brüssels mit Partnern in dieser Region.
Wie in diversen Medienberichten erinnert wurde, hatte es nach dem Verhandlungsstart 2016 anfangs nur wenig Fortschritte gegeben. Viele der 19 Verhandlungsrunden verliefen eher zäh. Trumps erratische Zollpolitik der vergangenen Monate habe »eine neue Dringlichkeit erzeugt«, so Deni Friawan vom Center for Strategic and International Studies (CSIS). Auch für Airlangga Hartarto, als Schwergewicht im Kabinett Prabowo koordinierender Minister für wirtschaftliche Fragen, geht es darum, »Sicherheit zu suchen durch eine stabile bilaterale Vereinbarung«. Die Risiken durch den »weltweiten Zollkrieg«, so Airlangga gegenüber AFP, blieben so beherrschbar.
Auf 80 Prozent der indonesischen Waren sollen Zölle dem Vernehmen nach komplett entfallen. Schon Anfang August hatte sich Djatmiko Bris Witjaksono, Generaldirektor für internationale Verhandlungen im indonesischen Handelsministerium, bei einer Pressekonferenz in Jakarta sehr zufrieden mit dieser Aussicht geäußert. Textilien und Schuhwaren, aber auch Lebensmittel, Fischereiprodukte und Palmöl sowie dessen Derivate wie Biodiesel nannte er als Beispiele für Güter für die komplette Zollbefreiung. Noch unklar ist, wie schnell das Abkommen ratifiziert wird – in Kraft treten könnte der Abbau bisheriger Zollschranken 2027 oder schon Ende 2026. Mittelfristig sollen die Abgaben sogar auf 98 Prozent aller Einfuhren der EU aus Indonesien gestrichen werden, zitierte die Agentur Antara News den Ministeriumsvertreter. Zudem ist Indonesien führender Nickelförderer.
Beim erwähnten Palmöl hatte lange eine der größten Hürden für eine Einigung gelegen. Die Kritik an diesem maßgeblichen Exportgut ist geblieben. Denn auf die Sicherung von Nachhaltigkeitskriterien bei der Palmölproduktion wurde in der Endfassung des CEPA-Vertrages offenbar kein großer Wert gelegt. Indonesien ist weltgrößter Palmölexporteur. Dass sich die Regenwaldabholzung für riesige Plantagen im Vorjahr abermals erhöht hat, ist unstrittig, die Daten variieren aber je nach Quelle. Neuer Hotspot neben dem schon stark entwaldeten Kalimantan (indonesischer Teil der Insel Borneo) ist nunmehr Sumatra mit 91.000 Hektar Waldverlust 2024, laut dem Umweltportal Mongabay das Dreifache gegenüber 2023. »Der Deal verstärkt ein extraktivistisches Modell, das Indonesiens Wäldern schon immensen Schaden zugefügt hat«, so Perrine Fournier von der Nichtregierungsorganisation Fern gegenüber Euractiv. Die Plantagen vernichten nicht nur Regenwälder, sondern mit ihnen auch den Lebensraum der Orang-Utans und der indigenen Bevölkerung.
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