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Aus: Ausgabe vom 29.08.2025, Seite 3 / Schwerpunkt
Indonesien

Mit Nickel zur Industrialisierung

Seit 2020 gilt in Indonesien Exportstopp des Rohstoffs – um ihn selber zu verarbeiten
Von Jörg Kronauer
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Fließt nicht mehr in die EU: Heiße Nickelschlacke (Sorowako, 28.7.2023)

Indonesiens bedeutendster Rohstoff ist Nickel. Nickel wird für die Herstellung von Batterien benötigt; es gilt als ein zentraler Rohstoff der Energiewende. Rund ein Drittel der globalen Reserven werden aktuell in Indonesien verortet, insbesondere auf der Insel Sulawesi. Bei der Nickelförderung liegt das Land noch weiter vorn; Insider beziffern seinen Weltmarktanteil auf gegenwärtig rund 60 Prozent. Ein weiterer Anstieg auf sogar 75 Prozent gilt als möglich. Dass die EU Interesse an indonesischem Nickel hat, liegt auf der Hand. Nun hat allerdings die Regierung in Jakarta im Jahr 2014 angekündigt, den Export unverarbeiteten Nickels verbieten zu wollen; im Jahr 2020 hat sie das Verbot in Kraft gesetzt. Ihr Ziel: Die Rohstoffe des Landes, darunter insbesondere Nickel, sollen nicht mehr einfach abtransportiert, sondern in Indonesien selbst weiterverarbeitet werden, um die Industrialisierung zu fördern und größere Anteile an der Wertschöpfung im Land zu behalten. Nur so, so lautet der Grundgedanke, kann Indonesien langfristig der Armut entkommen.

Auf das Exportverbot für unverarbeitetes Nickel erntete die Regierung in Jakarta zweierlei Reaktionen. Die eine kam aus China. Die Unternehmen der Volksrepublik, die bis dahin indonesisches Nickel unverarbeitet importiert hatten, begannen, in dem Land zu investieren und dort eine eigenständige Nickelverarbeitung aufzubauen. Es folgte vor Ort die Herstellung von Anoden für Elektroautobatterien. Inzwischen siedeln sich chinesische Elektroautohersteller an: BYD etwa will Ende des Jahres auf Java eine Fabrik fertigstellen, die 150.000 Fahrzeuge im Jahr fertigen kann; in einem neuen Werk von Xpeng wiederum rollte vor kurzem dessen erstes in Indonesien montiertes Fahrzeug vom Band. Die Industrialisierung schreitet voran.

Eine andere Reaktion kam aus der EU. Brüssel, empört darüber, das Nickel nicht mehr in Rohform zu erhalten, strengte im Jahr 2021 ein WTO-Verfahren gegen Indonesien an – mit dem Ziel, das Exportverbot zu kippen, um sich die Wertschöpfungsanteile wieder selbst zu sichern. Und Jakartas Plan, mit dem Aufbau einer eigenen Nickelverarbeitung in den Ausstieg aus der Armut einzusteigen? Der interessierte nicht. Die WTO entschied letzten Endes zugunsten der EU und gegen Indonesien. Folgen hat das bislang allerdings nicht. Die Regierung in Jakarta hat beim WTO-Berufungsgericht Revision beantragt; das Berufungsgericht jedoch ist – Obama, Biden und Trump sei’s gedankt – arbeitsunfähig, weil die Vereinigten Staaten seit 2016 die Neubesetzung der Richterstellen blockieren. Deshalb liegt der Streit um Indonesiens Nickelexport auf Eis.

Und nun? Mit dem Freihandelsabkommen CEPA wird Brüssel das Exportverbot kaum kippen können. Schon seit längerem weisen Branchenkreise darauf hin, dass man auf dem indonesischen Nickelsektor an chinesischen Konzernen nicht mehr vorbeikommt. Zumindest vorläufig wird sich die Industrie der EU damit arrangieren müssen. Und langfristig? Zuletzt war aus konservativen Milieus zu hören, chinesische Nickelkonzerne verschmutzten auf Sulawesi die Umwelt; müsse man da nicht lokale Bürgerinitiativen gegen sie unterstützen? Um Missverständnisse auszuschließen: Die Verschmutzung gibt es wirklich; sie sollte beseitigt werden. Dass sie aber instrumentalisiert wird, um Chinas Einfluss zurückzudrängen oder gar Indonesiens Industrialisierung zu verhindern, hat mit echter Sorge um die Umwelt nichts zu tun.

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