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Aus: Ausgabe vom 27.08.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Kaffeemarkt

Keurig Dr Pepper wird Kaffeeriese

US-Getränkekonzern kauft niederländische Rösterei. Zukunft von Douwe Egberts ungewiss
Von Gerrit Hoekman
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Vielleicht auch künftig in solchen Dosen: Kaffee

Ein Pfund Kaffee im Supermarkt ist inzwischen richtig teuer. Sich gleich eine ganze Rösterei zu kaufen ist aber noch viel kostspieliger: Der US-Getränkekonzern Keurig Dr Pepper will 15,7 Milliarden Euro für den niederländischen Kaffeeröster JDE Peet’s auf den Tisch legen. Das gaben beide Seiten am Montag in einer gemeinsamen Pressemitteilung bekannt. Mit der Übernahme kommt auch die legendäre, niederländische Kaffeemarke Douwe Egberts ebenso in US-amerikanische Hände wie die deutsche Institution Jacobs.

Treibende Kraft hinter dem Verkauf ist die deutsche Milliardärsfamilie Reimann, die über ihre Investmentfirma JAB Holding etwa 68 Prozent der Anteile an JDE Peet’s hält und laut Handelsblatt auch vier Prozent an Keurig Dr Pepper. Die Übernahme soll im ersten Halbjahr 2026 abgeschlossen sein. Das US-Unternehmen ist 2018 aus einer Fusion des Erfrischungsgetränkeherstellers Dr Pepper, der für seine Marken 7 Up, Schweppes und Green Mountain bekannt ist, mit dem Kaffeeunternehmen Keurig entstanden. Nach der Übernahme wollen die Amerikaner ihre Softdrink-Sparte und die Kaffeesparte wieder in zwei voneinander unabhängige Unternehmen splitten. Die Softdrink-Sparte wird fortan Beverage heißen. Keurig und JDE Peet’s sollen, so der Plan, unter dem neuen Namen Global Coffee den Markt aufmischen.

»Das wird ein absoluter Gigant«, sagte der niederländische Einzelhandelsexperte Paul Moers am Montag im BNR Nieuwsradio voraus. Der neue Kaffeekoloss wird aller Voraussicht nach an der Wall Street notiert werden. JDE Peet’s wird von der Amsterdamer Börse genommen. Weltweit beschäftigt das Unternehmen 21.000 Menschen, unter anderem in den deutschen Fabriken in Elmshorn, in Bremen-Hemelingen und am Britzer Verbindungskanal in Berlin. 2.000 Beschäftigte arbeiten an den beiden niederländischen Standorten in Utrecht und dem friesischen Städtchen Joure, dem Stammsitz von Douwe Egberts.

Wenn ein Konzern von einem anderen übernommen wird, stellt sich fast immer die Frage: Was wird aus den Arbeitsplätzen? Wird der neue Besitzer sie wegrationalisieren? Diese Möglichkeit treibt auch die Gewerkschaften in den Niederlanden um, die von der Übernahmeabsicht völlig überrascht wurden. »Kurzfristig machen wir uns noch nicht so viele Sorgen. Wir haben gerade erst einen neuen Tarifvertrag mit JDE Peet’s vereinbart und den Sozialplan bis Oktober 2027 verlängert«, sagte Martin van Eerde von der christlichen Gewerkschaft CNV, am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur ANP. »Am Standort in Joure ist in den vergangenen Jahren viel investiert worden, aber in Utrecht ist die Situation anders«, so van Eerde.

In Joure, wo 375 Werktätige arbeiten, gab JDE Peet’s unlängst fünf Millionen Euro für eine sogenannte Coffee Innovation Factory aus, die unter anderem neue Geschmacksrichtungen entwickeln soll. »In der Fabrik in Utrecht würde man es auch gerne sehen, dass dort investiert wird«, sagte Margreet Pasman von der größten niederländischen Gewerkschaft FNV am Montag laut der friesischen Tageszeitung Leeuwarder Courant. Die Belegschaft in Utrecht mache sich jedenfalls ernste Gedanken über die eigene Zukunft. »Ich verstehe die Sorgen«, so Pasman. Was mittelfristig passiere, sei allerdings »Kaffeesatzlesen«.

Die Nachricht von der Übernahme dürfte auch bei den Supermarktketten wenig Begeisterung auslösen. »Einfach, weil die Macht dieses Unternehmens enorm wird«, sagte Paul Moers im BNR Nieuwsradio. Keurig Dr Pepper übernimmt auch den Preiskampf, der seit geraumer Zeit in Westeuropa zwischen JDE Peet’s und Supermarktketten wie Edeka, Jumbo und Intermarché immer wieder aufflammt. Der Einzelhandel ist nicht mehr ohne weiteres bereit, die ständigen Preiserhöhungen mitzumachen. Erst kürzlich suchten deutsche Konsumenten in den Regalen mancher Filialen vergeblich nach Jacobs Kaffee. In den Niederlanden betraf es die Marke Douwe Egberts. Moers befürchtet sogar, dass das nationale Kaffeeheiligtum Douwe Egberts nach der Übernahme als Marke komplett verschwinden könnte. »Lokale Marken endlos über Wasser zu halten« sei ein »extrem kostspieliges Unterfangen.«

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