In Kiew »unerwünscht«
Von Susann Witt-Stahl
In der Ukraine können Nutzer die Website der jungen Welt seit Anfang dieser Woche nicht mehr aufrufen. »Gemäß dem Gesetz der Ukraine ›Über elektronische Kommunikation‹ und dem Erlass des Präsidenten der Ukraine Nr. 64/2022 vom 24. Februar 2022 über die Verhängung des Kriegsrechts in der Ukraine wurde diese Internetquelle gesperrt«, ist nach Eingabe der URL jungewelt.de zu lesen. Die ukrainischen Behörden hatten jW aber schon am 12. August 2025 als »unerwünscht« eingestuft und in ihr »Register der blockierten Internetseiten« aufgenommen. In der Ukraine können der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat sowie das Nationale Kommunikationszentrum, eine größtenteils aus Militärs bestehende Abteilung des Sonderkommunikationsdienstes, solche Verbotsmaßnahmen verfügen – teils geschieht das auf Basis von Informationen des Inlandgeheimdienstes SBU. Gegenwärtig sind rund 4.600 Internetseiten gesperrt, vorwiegend russische und belarussische, aber auch einige wenige westeuropäische, wie das linke Portal Iskra aus Griechenland.
Die Selenskij-Regierung hat die Presse zu Beginn der Eskalation des Ukraine-Konflikts faktisch gleichgeschaltet. Die letzten oppositionellen Medien waren schon 2021 verboten worden. Nun will der ukrainische Zensur- und Überwachungsapparat offenbar auch die ohnehin rar vorhandene kritische Berichterstattung – beispielsweise über die wachsende Verflechtung des faschistischen »Asow«-Militärs mit dem militärisch-industriellen Komplex der NATO und die brutalen Zwangsrekrutierungen – aus Deutschland und anderen EU-Ländern abschalten. »Wer sie nicht erträgt, greift zu Netzblockaden«, kommentiert Sebastian Carlens, Leiter des Verlags 8. Mai, die Sperrung der jW-Webseite. »Anscheinend ist die Pressefreiheit in der EU, die bereits eingeschränkt ist und permanent weiter angegriffen wird, dem Beitrittsaspiranten Ukraine immer noch zu viel.« Vor einigen Wochen war jW bereits mit wüsten Anschuldigungen aus dem Umfeld der »Asow«-Lobby in den USA konfrontiert. Die jW-Redaktion wurde aufgefordert, Artikel über ukrainische Nazieinheiten »zu ändern«, zudem wurden umfangreiche rechtliche Konsequenzen angekündigt.
75 für 75
Mit der Tageszeitung junge Welt täglich bestens mit marxistisch orientierter Lektüre ausgerüstet – für die Liegewiese im Stadtbad oder den Besuch im Eiscafé um die Ecke. Unser sommerliches Angebot für Sie: 75 Ausgaben der Tageszeitung junge Welt für 75 Euro.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Mehr aus: Ausland
-
Nächste »Schicksalswahl«
vom 27.08.2025 -
Abschied von einem Aufrechten
vom 27.08.2025 -
Schmeicheln und hoffen
vom 27.08.2025 -
Frankreichs Regierung wackelt
vom 27.08.2025