Der Sache treu geblieben
Von Martin Weiser
Im hohen Alter von 95 Jahren und schwer krank hat sich Ahn Hak Sop entschieden, in seiner Heimat, der Demokratischen Volksrepublik Korea, beerdigt zu werden, nicht in Südkorea. Das ist für ihn, wie er betont, immer noch eine Kolonie der USA. Im April 1953, also noch während des Koreakrieges, hatte man ihn bei einem Botengang für die Arbeiterpartei erwischt und auf der Grundlage des Nationalen Sicherheitsgesetzes verurteilt. 23 Jahre war er da alt, aber trotz Folter und Schikanen weigerte er sich, dem Kommunismus abzuschwören. So blieb er wie Dutzende andere eingesperrt und kam erst 42 Jahre später frei. Als vertrauensbildende Maßnahme gegenüber dem Norden hatte Südkorea im August 1995 entschieden, diese Langzeithäftlinge aus der DVRK freizulassen. Aber erst 2000 erlaubte man dann 63 von ihnen auch in die DVRK zurückzukehren. Mindestens 46 weitere hatten nicht diese Möglichkeit, weil man sie nicht rechtzeitig informierte oder weil sie wegen ihrer angeblichen Abkehr vom Kommunismus ausgeschlossen wurden. Zu einer zweiten Erlaubnis der Rückkehr kam es trotz mehrerer Gipfeltreffen nie.
Ahn wollte damals seinen Kampf gegen die USA nicht aufgeben und schwor, im Süden zu bleiben, bis ganz Korea befreit sein würde. Aber jetzt, an der Schwelle zum Tod und nach dem Amtsantritt von Lee Jae Myung, hofft er auf Gnade. Bereits vor zwei Wochen hatte er in einer Pressekonferenz vor dem Amtssitz des Präsidenten erklärt, er werde am Morgen des 21. August zur Landesgrenze gehen. Pflichtbewusst reichte er auch eine entsprechende Bitte beim Wiedervereinigungsministerium ein, alles in die Wege zu leiten. Die weiteren fünf Überlebenden dieser Gruppe, die die Zeitung Hankyoreh am Dienstag noch einmal mit Lichtbild, Haftgrund und -länge der Nation ins Gedächtnis rief, wandten sich ebenfalls an das Ministerium, das nun erst einmal intern und mit anderen staatlichen Organisationen erörtern möchte, ob das denn überhaupt möglich sei. Die von Ahn gesetzte Frist sei also nicht zu halten, warnte man dort bereits. Den Präzedenzfall vor 25 Jahren möchte man anscheinend nicht noch einmal heranziehen.
Und so wurde Ahn dann nach seinem langen Marsch mit Dutzenden Unterstützern an der Grenze harsch abgewiesen. Der Plan, einfach durch die von Soldaten bewachte demilitarisierte Zone auf die andere Seite zu spazieren, war also zum Scheitern verurteilt. Direkt nach dieser Willensdemonstration wurde Ahn per Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht.
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