Ein Mann seiner Klasse
Von Hagen Bonn
Die Comicwelt, egal ob im Kino oder auf Papier, gleicht seit Jahren einem katholischen Zombiefriedhof. Jeden Tag ist Auferstehung. Niemand blickt noch durch: Remakes, Reboots, Sequels, Prequels. Ja, das Ende ist nah. Alles schreit nach einem Neuanfang im Superheldenkosmos. Marvel (Walt Disney Company) eröffnet fast im Wochentakt neue Universen und zündet sie genauso schnell wieder an. Aber wer weiß, vielleicht gelingt DC Comics ein glaubwürdiges »NEW!«. Also nach »The New 52« (2011) und »DC Rebirth« (2016).
Die bügelgefalteten Konservativen in Sachen »BOOM!« und »SPOTZ!« behaupten jedenfalls, sie hätten es geschafft. Haben sie? – ZACK! – »all in« reinen Tisch machen bei den Superhelden, Oberschurken, Traumata, Geheimidentitäten, Superkräften und den vielen kaltgewordenen Pizzen, die man auf dem Esstisch im Stich ließ, um wildfremden Leuten zwei Straßen weiter die Haut zu retten? Was bei Marvel »Ultimate« hieß, heißt bei DC heute »Absolute«. Ist das nicht irre? Nach »Ultimate« Spiderman nun »Absolute« Batman. Kämpften die Marvel-Superhelden in »Ultimate« gänzlich in ihrem »eigenen Universum«, so werden uns Batman und Co. in »Absolute« in einer kosmischen »Parallelwelt« präsentiert.
SMACK! »Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist Darth Vader, er sucht sein Kind« (siehe Star Wars: Episode V, auch so eine Komapatientenreihe). Keine Angst, ich beruhige mich gleich wieder. Also dann: »Absolute Batman, Nummer 1«. Da DC immer düster daherkommt, staune ich, weil die sparsame Verwendung der Totale und Halbtotale kaum Stimmung in den Panels aufkommen lässt. Die Akteure sehen aus wie einem Manga entsprungen: Gesicht auf Augenhöhe, Gesicht von oben, von unten, gekippt. Ist billiger, geht schneller. Wenn Batman mal in einer Szene ein Umfeld gegönnt wird, wirkt das recht gekonnt, aber das gibt es eben nicht oft. Und leider ist seine Muskelphysiologie von den Knetfiguren eines Dreijährigen kaum zu unterscheiden. Soll das »Bruce Wayne als knallharter Held aus der Arbeiterklasse« (Werbetext) sein? Nun, man sieht ihn auf einer Baustelle werkeln. Statt auf seinem »Batbike« hockt er auf einem »riesigen Bat-Kipplaster«.
SCREEE! Schnell wird klar, dass weder seine Ausrüstung noch seine Kumpelclique besonders proletarisch sind. Eine glaubhafte Transformation hat indessen Pennyworth in Parallel-Gotham City geschafft. Der klassisch ausgebildete Butler tritt hier als sympathischer Geheimagent im Bartrobbenlook auf. Der Astralnebel dieses Universums wegen fährt er … ein Batbike.
HOSSA! Ohne Motorräder darf es nicht. Zur Story: Irgendwer Böses, man wähle beliebig aus, versetzt ganz Gotham City in Angst und Schrecken. URGH. Ist das so? Die Bösen tragen Masken. KI-Masken. Mit Zielsteuerung. So kann man Kryptowährung verdienen, je nach Talent. Einem Dreijährigen die Knete aus der Hand schießen, bringt wenig ein, aber »Brandstiftung, Raub, Mord … All das hat in Black Coin gerechnet einen bestimmten Wert« und als Mitglied in der Gang »kann man sehr schnell, sehr reich werden«. Aha. Hat vielleicht jemand Lust auf Pizza?
Scott Snyder (Text)und Nick Dragotta (Zeichnungen): Absolute Batman 1. Panini-Verlag, Stuttgart 2025, 104 Seiten, 9,99 Euro
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