Gesundheitssektor im Hitzestress
Von David Maiwald
Hitze kann für junge und alte Menschen, besonders aber für kranke und geschwächte Personen, gefährlich sein. Angesichts der beinahe landesweit messbaren Temperaturen von mehr als 30 Grad Celsius mahnen Gesundheitseinrichtungen nun fehlende Ausstattung beim Hitzeschutz an. So verfügten die meisten Kliniken nicht über Klimaanlagen »oder ähnlich wirksame Kühlsysteme«, erklärte Henriette Neumeyer, Vizepräsidentin der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), am Mittwoch gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Wie bei jedem größeren Wetterphänomen ist die BRD offenbar nicht ausreichend vorbereitet.
Das gehe auf eine jahrzehntelange Unterfinanzierung der 1.600 Kliniken und 12.000 Pflegeheime zurück. Sowohl Patienten als auch Beschäftigte seien von diesem als »Investitionsstau« beschönigten Versäumnis betroffen. Für einen »klimagerechten« Umbau der Kliniklandschaft müsse ein Investitionsprogramm im Umfang von 31 Milliarden Euro aufgelegt werden, fordert ihr Verband. Die meisten Einrichtungen versuchten, das Problem pragmatisch durch größere Schattenflächen und Ventilatoren zu lösen, erklärte Neumeyer. Es handele sich dabei allerdings um »wenig wirksame« Möglichkeiten.
Auch DKG-Chef Gerald Gaß hatte am Dienstag gegenüber der Rheinischen Post vom Einsatz von »Fassadenverschattung und Kühlakkus« zum Hitzeschutz von Patienten berichtet und über »fehlende Investitionsmittel« geklagt. Nur wenige Krankenhäuser seien in der Lage, Krankenzimmer, Büros und Aufenthaltsräume zu klimatisieren, erklärte er der Düsseldorfer Tageszeitung.
Es dürfe nicht sein, »dass die Sicherheit von Patientinnen, Patienten und Beschäftigten riskiert wird«, sagte Ates Gürpinar, Sprecher für Gesundheitsökonomie der Linke-Fraktion im Bundestag, am Mittwoch auf jW-Anfrage. Die mangelnde Finanzierung vieler Krankenhäuser mache sich nun auch beim Hitzeschutz bemerkbar: »Die fehlende Ausstattung mit Klimaanlagen belaste Patientinnen und Patienten und Beschäftigte.« Seine Partei fordere nicht zuletzt deswegen »endlich eine bedarfsgerechte Finanzierung von Investitionskosten«.
Auch der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisierte gegenüber RND, der Hitzeschutz ende »dort, wo die Patientensicherheit anfängt«. Bund und Länder würden die Herausforderungen des Klimawandels weiterhin »nicht ernst nehmen«, so Brysch. Pflegeratspräsidentin Christine Vogler warnte angesichts des unzureichenden Hitzeschutzes vor einer drohenden »Gesundheitskatastrophe«.
Die drastische Unterfinanzierung zeigt sich etwa bei den Unikliniken in Magdeburg und Halle, wo die sachsen-anhaltinische Landesregierung aktuell mit einem Defizit von 51,9 Millionen Euro (Magdeburg) respektive 34 Millionen Euro (Halle) rechnet. Wie das Wissenschaftsministerium des Bundeslandes als Antwort auf eine parlamentarische Anfrage bekanntgab, weisen die beiden Kliniken für die Jahre 2020 bis 2024 einen Verlust von 325 Millionen Euro auf. Den Angaben zufolge ist in Magdeburg etwa der Bau eines neuen Herzzentrums für den aktuellen Kostenüberhang mitverantwortlich. Bei planmäßiger Inbetriebnahme im kommenden Jahr verfügt dieses dann hoffentlich über eine Klimaanlage.
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