Krieg dem Antikrieg
Von Max Grigutsch
Auf tausend Kriege kommen keine zehn Revolutionen (Ernst Bloch). Das liegt auch daran, dass jeglicher Widerstand mit dem Hammer der Staatsgewalt bearbeitet wird. Das für Ende August in Köln geplante Protestcamp des Bündnisses »Rheinmetall entwaffnen« wurde am Dienstag von der Polizei untersagt. Die Kölner Beamten werfen den erwarteten Campteilnehmern nach Angaben der Veranstalter »Unfriedlichkeit« vor. »Absurdeste Konstruktionen und Anschuldigungen«, entgegneten die Kriegsgegner in einer Mitteilung von Dienstag abend. Die Polizei bestätigte das Verbot, teilte aber auf jW-Nachfrage am Mittwoch mit, aufgrund des noch laufenden Verfahrens keine weiteren Details nennen zu wollen. Ein Verbot der für den 30. August angekündigten »Kölner Parade gegen den Krieg« werde demnach noch geprüft.
Begründet werde der Vorstoß unter anderem mit der Parole »Krieg dem Krieg« – populär unter anderem wegen Kurt Tucholskys gleichnamigen Gedichts –, die die Polizei als Ankündigung verstehe, man wolle der Aufrüstung mit »kriegerischen Mitteln« begegnen. Welches Kriegsgerät den Demonstranten zur Verfügung stehen soll, wird nicht weiter erläutert. Des weiteren will die Staatsgewalt eine »gesteigerte Gewaltbereitschaft« aus der »zum Negativen veränderten« Weltlage hergeleitet haben. »Ausgerechnet aus dieser (sachlich richtigen) Feststellung abzuleiten, dass ein Verbot eines Camps, das diesen Umstand kritisiert, geboten sei, ist an Zynismus kaum zu überbieten«, kritisieren die Organisatoren. Sie befürchten einen »gefährlichen Präzedenzfall«.
Trotz der polizeilichen Verfügung gibt sich »Rheinmetall entwaffnen« entschlossen, das Camp, das vom 26. bis zum 31. August im Kölner Grüngürtel stattfinden sollte, juristisch durchzusetzen. Sprecher Jonah Fischer kündigte an, dass die Untersagung »keiner gerichtlichen Prüfung standhalten wird«. Auch laut Rechtsanwalt Nils Spörkel entbehrt das Verbot »einer ernsthaften, durch Tatsachen gedeckten Grundlage«. Er habe eine Eilklage eingereicht. Das Bündnis sammelt zudem Unterschriften auf der Internetplattform change.org.
Zuspruch erhielten die Aktivisten vom Linke-Landesverband Nordrhein-Westfalen. Landessprecherin Kathrin Vogler zeigte sich laut Mitteilung vom Dienstag »entsetzt«, dass der Protest gegen Aufrüstung als gefährlich dargestellt werde, »während der Profit mit Mordwerkzeugen normal sein soll«. So hatte der Rüstungskonzern Rheinmetall, Namensgeber des Antikriegsbündnisses, zuletzt eine 18prozentige Gewinnsteigerung und seinen weiteren Aufstieg zum »globalen Rüstungschampion« verkündet.
Die Linke appelliere an die Stadt Köln und den Polizeipräsidenten, das Camp zu ermöglichen, so die Mitteilung. Lea Reisner, Kölner Bundestagsabgeordnete der Partei, sprach von einem »massiven und inakzeptablen Eingriff«, der die Demokratie schwäche. Ähnlich äußerte sich Uzáy Harman vom Kölner Bündnis Sahra Wagenknecht am Mittwoch auf jW-Anfrage: »Wenn die öffentliche Sicherheit gewahrt werden kann, und nicht lediglich als Mittel zum Zweck missbraucht wird, gehört lautstarker Protest gegen die Rüstungsindustrie, in diesem Fall mit Lokalbezug, zu den Rechten einer demokratischen Gesellschaft.«
Auf eine Anfrage dieser Zeitung reagierte Rheinmetall bis Redaktionsschluss nicht. Dass sich der Panzerbauer aber der »freiheitlichen demokratischen Grundordnung« verpflichtet sieht, hatte ein Konzernsprecher schon vergangene Woche gegenüber jW erklärt. Die Produkte und Systeme des Waffenherstellers würden schließlich zur »Verteidigung« dieser Ordnung beitragen. Eine gegenteilige Einschätzung formulierte »Rheinmetall entwaffnen« in einem Aufruf vom Mittwoch. Darin heißt es, Rheinmetall statte »autokratisch regierte Länder wie Israel, Saudi-Arabien oder Bahrain mit Waffen aus, die gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden« – dafür trage der Konzernchef Armin Papperger »persönliche Verantwortung«. Entsprechend kündigte das Bündnis für den 28. August einen Protestmarsch zur Düsseldorfer Villa des Panzerbosses an, um ihm, so Bündnismitglied Dina Pütz, »von Angesicht zu Angesicht ein paar Fragen« zu stellen.
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