Hunger, Gewalt und Cholera
Von Mawuena Martens
Die jüngsten Zahlen des sudanesischen Gesundheitsministeriums lassen das Ausmaß des Hungers im Kriegsland Sudan erahnen: In der südwestsudanesischen Stadt Al-Faschir sind innerhalb einer Woche 63 Menschen an Mangelernährung gestorben. Das gab ein Vertreter des Ministeriums in dem Bundesstaat Norddarfur am Sonntag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP an. Bei den meisten Todesopfern handele es sich um Frauen und Kinder. Allerdings seien in der Zählung nur diejenigen berücksichtigt worden, die in Krankenhäusern an Mangelernährung gestorben seien – die tatsächlichen Zahlen dürften also weitaus höher liegen. Al-Faschir wird seit Mai 2024 von den mit den Streitkräften von De-facto-Präsident Abdel Fattah Al-Burhan konkurrierenden Schnellen Eingreiftruppen (RSF) belagert. Sie ist die einzige größere Stadt in Darfur, die noch nicht von den Paramilitärs eingenommen wurde. Diese kontrollieren große Teile des Südens und Westens des Landes und haben eine eigene Regierung ausgerufen.
Auch in anderen Teilen des Landes ist die Not groß. Wie Sudan Tribune am Sonntag berichtete, grassieren in der zentralsudanesischen Region Südkordofan Hunger und Gewalt. So wurden die Städte Kadugli und Dilling von wichtiger Versorgung abgeschnitten, nachdem die RSF sowie das Sudan’s People Liberation Movement (North) wichtige Transportwege blockiert hatten. Das habe Nahrungsmittelpreise in astronomische Höhen getrieben. Einwohner beschreiben die Situation laut der Zeitung als katastrophal. Sie zitiert eine verzweifelte Einwohnerin Kaduglis, Faiza Adschabna: »Ich bin nach Stunden gerade aus der Warteschlange zurückgekommen, ohne Sorghum bekommen zu haben. Ich weiß nicht, was ich tun soll, um meine Kinder und den Rest der Familie zu ernähren. Ich bin völlig hilflos.«
Wie auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Freitag bekanntgab, herrscht mittlerweile in mehreren Regionen Hungersnot, insgesamt seien 25 Millionen Menschen akut von Ernährungsunsicherheit betroffen. Auch Krankheiten verbreiteten sich rasant. Allein seit Juli seien 100.000 Fälle von Cholera registriert worden. Zumal das Gesundheitssystem kaum noch funktioniere: »Die anhaltende Gewalt hat das Gesundheitssystem im Sudan an den Rand des Zusammenbruchs gebracht und die Krise verschärft, die bereits von Hunger, Krankheit und Verzweiflung geprägt ist«, so Ilham Nour, leitende Notfallbeauftragte der Organisation, in einer Mitteilung.
Die Krankheiten machen auch nicht vor den Landesgrenzen halt. So hat ein Choleraausbruch das Flüchtlingscamp Dougui im benachbarten Tschad erfasst. Laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) seien dort allein Anfang August 264 Erkrankte und zwölf Todesopfer registriert worden. Doch trotz des steigenden Bedarfs behindern Finanzlücken die Hilfe. Nach eigenen Angaben fehlen dem UNHCR allein 130 Millionen US-Dollar, um unter anderem die rund 800.000 Menschen in Darfur zu unterstützen, auf den Choleraausbruch zu reagieren und 239.000 sudanesische Flüchtlinge von der Grenze zwischen Tschad und Sudan umsiedeln zu können.
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