Aus Leserbriefen an die Redaktion

Gewollt
Zu jW vom 28.7.: »Ein ziemlich faules Volk«
Laut den Äußerungen von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche ist es unumgänglich, die Lebensarbeitszeit anzuheben. Wir leben bekanntermaßen in einer Ausbeutergesellschaft, in der die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen an der Tagesordnung ist. Im Kapitalismus sind die Steigerung der Arbeitsproduktivität, die Erhöhung der Intensität der Arbeit und die Verlängerung des Arbeitstages die Hauptmethoden der Ausbeutung. Die Ausbeutung steht an erster Stelle. Nur, wer kann diesem Druck auf Dauer widerstehen? Eine Erhöhung der Lebensarbeitszeit ist keine Lösung. Sie bedeutet noch mehr Arbeit, weniger Freizeit, und von Erholung kann gar keine Rede sein. Schon jetzt arbeiten viele Menschen länger und geraten dadurch an ihre Leistungsgrenzen, aus Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Diese Arbeiter werden, wenn die Lebensarbeitszeit erhöht wird, wahrscheinlich ihre Rente gar nicht mehr erleben, und wahrscheinlich ist das so gewollt. Da fließt noch mehr Geld in die Aufrüstung, dafür ist jedes Mittel recht.
Elvira Liebmann, per E-Mail
Ohne Kontrolle
Zu jW vom 31.7.: »EU verschenkt sich«
Als ich im Westen ankam, habe ich schnell verstanden: Meine Aufgabe als Bauleiter ist es, die Interessen des Bauherrn durchzusetzen – aber niemals, in seinem Namen kostspielige oder nachteilige Entscheidungen eigenmächtig zu treffen. Frau von der Leyen scheint dieses Prinzip bis heute nicht begriffen zu haben – weder als Verteidigungsministerin noch beim Coronamanagement, und nun auch nicht als EU-Kommissionspräsidentin. Aber warum gibt es in einer angeblich demokratischen Struktur niemanden, der ihr das endlich beibringt – oder sie entlässt? Wo leben wir eigentlich? Wieso verhandelt von der Leyen mit Trump »per Handschlag« auf seinem Golfplatz über ein Abkommen, das Zölle, Datenschutz, Lebensmittelsicherheit und Industrie betrifft – ohne demokratische Kontrolle, ohne Transparenz? Das ist nicht nur politisch fahrlässig, sondern ein Schritt zurück in feudale Zeiten.
Istvan Hidy, Stuttgart
Unpassendes Framing
Zu jW vom 24.7.: »Der verstaatlichte Bauer«
Die Überschrift »Der verstaatlichte Bauer« passt gar nicht zum Text. Aufgrund dieser Überschrift ordnete ich den Artikel zuerst der Klage über zuviel Subventionen und zuviel Reglementierung von Verfechtern einer reinen Marktwirtschaft zu. Der Artikel plädiert aber dafür, das Agrarwesen in einen reformierten öffentlichen Dienst aufzunehmen. Er knüpft an die begrüßenswerte Tatsache an, dass Teile der Bevölkerung für öffentliche statt private Krankenhäuser bzw. Schulen eintreten. Schon in der Überschrift sollte deshalb ein positives Bild von öffentlichen Diensten und Gemeingütern erzeugt werden, sonst wird man fehlgeleitet. Die Formulierung »Der verstaatlichte Bauer« drückt leider geradezu Widerwillen gegen die »Kollektivierung« aus. Das ist sehr schade und macht den an sich sehr interessanten Artikel durch das unpassende Framing widersprüchlich. Gerne mehr von diesem Autor!
J. Heller, per E-Mail
Ein Trauerspiel
Zu jW vom 30.07.: »DB opfert Cargo«
Eine der ersten Maßnahmen der »privaten« Bahn war die Aufgabe des Stückgut- und Bahnpostverkehrs wegen Unwirtschaftlichkeit. Nun geht’s an den Einzelwagenverkehr, das Gerede über klimafreundlichen Transport erweist sich wieder mal als heiße Luft. Das aufwendige Kuppeln hat natürlich einen Grund. Im Gegensatz zu fast allen Ländern mit intensivem Eisenbahnverkehr werden Waggons in Europa (außer in Ländern der früheren SU und Finnland) wie vor hundert Jahren per Hand gekuppelt. Die intensiven Vorarbeiten zur Einführung einer automatischen Mittelpufferkupplung ließen die Verantwortlichen der EU im Sande verlaufen, mittlerweile scheinen sie die Pläne aufgegeben zu haben. Nun beschweren sie sich über Unwirtschaftlichkeit. Ein Trauerspiel.
Thomas Walter, Berlin
Eine Erhöhung der Lebensarbeitszeit ist keine Lösung. Sie bedeutet noch mehr Arbeit, weniger Freizeit, und von Erholung kann gar keine Rede sein. Schon jetzt arbeiten viele Menschen länger und geraten dadurch an ihre Leistungsgrenzen, aus Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Diese Arbeiter werden, wenn die Lebensarbeitszeit erhöht wird, wahrscheinlich ihre Rente gar nicht mehr erleben
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