DB opfert Cargo
Von Gudrun Giese
Selbstmord aus Angst vor dem Tod könnte das Motto der DB Cargo, Güterverkehrstochter der Deutsche Bahn AG, lauten. Wegen fehlender Wirtschaftlichkeit und fehlenden Drucks von der EU-Kommission soll in diesem Sektor eine wichtige Sparte verkleinert werden: der Einzelwagenverkehr. Das könnte Tausende Stellen kosten, warnt die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Zudem würde der Güterverkehr noch stärker auf die Straßen verlagert.
Am Donnerstag wird die Bahn AG ihre Halbjahreszahlen präsentieren, wobei nach Vorabinformationen von dpa ein Verlust von 760 Millionen Euro zu Buche schlagen soll. Als Hauptschuldiger wird der Einzelwagenverkehr (EV) der Tochtergesellschaft DB Cargo ausgemacht. Alle anderen Geschäftsbereiche arbeiteten mittlerweile wirtschaftlich, erklärte eine Bahn-Sprecherin am Montag laut Reuters. »Der Einzelwagenverkehr hingegen schreibt weiterhin rote Zahlen.« Ein überarbeitetes Konzept solle noch bis Ende Juli vorgelegt werden, hieß es am Montag im Handelsblatt.
Dabei sei es denkbar, dass der EV weitgehend aufgegeben werde, weil es unwirtschaftlich sei, einzelne Güterwaggons bei den Firmenkunden abzuholen, aus denen anschließend ein langer Zug zusammengestellt wird. Die Einzelwagen müssten per Hand gekuppelt werden, was laut Insidern »kaum profitabel zu betreiben« sei. So sorge der EV für einen dreistelligen Millionenverlust bei der DB Cargo. Die EU-Kommission hat zudem vorgegeben, dass diese bis Ende 2026 profitabel werden muss. Die DB AG dürfe als Mutterkonzern Verluste der Tochtergesellschaft nicht mehr ausgleichen, »übermäßige staatliche Subventionen« sollen auch verhindert werden.
Gutachten zufolge, die der Vorstand von DB Cargo bei zwei Beratungsfirmen in Auftrag gegeben hatte, soll die EV-Sparte um 60 bis 80 Prozent verkleinert werden. Das würde vordergründig die Kosten beim bundeseigenen Bahn-Konzern reduzieren. Die ökologischen Folgen wären aber enorm, weil noch mehr Güterverkehr auf dem ohnehin schwer belasteten Straßennetz abgewickelt würde. Darauf wies auch die EVG in einer Stellungnahme am vergangenen Freitag hin. Zwischen 4.000 und 8.000 Arbeitsplätze könnten durch das Zusammenstreichen beim EV in Gefahr sein. »Nach all den Einschnitten der vergangenen Jahre wäre das ein weiterer, dramatischer Tiefschlag«, sagte Cosima Ingenschay, stellvertretende EVG-Vorsitzende, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Es drohe ein »Klimakollaps durch Lkw-Explosion«, und für die Industrie verringere sich die Versorgungssicherheit beim Gütertransport. »Für uns Eisenbahner:innen ist der Einzelwagenverkehr kein Bilanzfehler, sondern die Herzkammer des gesamten Schienengüterverkehrs«, hatte die Gewerkschaft in ihrem Statement klargestellt. Statt Kürzungen solle der Cargo-Vorstand sich mit den Betriebsräten zusammensetzen und bereits vereinbarte Schritte für die Zukunftsfähigkeit der Sparte umsetzen.
Zudem müsse die Bundesregierung den EV fördern, weil sich nur so Arbeitsplatzstreichungen und Verlagerungen auf die Straßen verhindern ließen. Dass es bei der Deutschen Bahn nicht läuft, liegt laut dem Bündnis »Bahn für alle« auch daran, dass sie »als profitorientiertes Unternehmen nicht leistet, was wir benötigen«. Man brauche »Gemeinnützigkeit für alle Geschäftsbereiche«, und der Bund müsse eine »entsprechende Finanzierung langfristig sichern«, hieß es am Dienstag in einer Mitteilung.
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