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Aus: Ausgabe vom 29.07.2025, Seite 5 / Inland
Arbeitsplatzvernichtung

Metro auf Schrumpfkurs

Düsseldorf: Großhandelskonzern will jede zehnte Stelle am Hauptsitz streichen. Beschäftigte befürchten weitere »Einschnitte«
Von David Bieber
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Ihr Logo presst die Metro AG manchmal auch auf einen Apfel

Jede zehnte Stelle steht beim Großhandelskonzern Metro am Hauptsitz Düsseldorf auf der Streichliste, berichtete jüngst das Branchenblatt Lebensmittelzeitung. Demnach könnten 70 bis 80 Arbeitsplätze in der Hauptverwaltung vernichtet werden. Damit würde die Belegschaft von aktuell 720 Kollegen auf 650 schrumpfen. Der Konzern wollte dies auf jW-Anfrage am Montag zunächst nicht bestätigen. Etwas aussagefreudiger war der Pressestab der Metro gegenüber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) am Mittwoch vor einer Woche. Ja, der »Abbau von Personal« werde bestätigt, zu Einzelheiten wolle man sich aber nicht äußern.

Zahlreiche Altlasten

Für gewöhnlich gut unterrichtete »Marktbeobachter« wussten es längst: Bei der Metro läuft es nicht mehr gut. Der Konzern verliere in Deutschland an Profitabilität; Konkurrenz und Preiskampf setzten den Unternehmenschefs kräftig zu, schlagzeilten in den vergangenen Monaten verschiedene Medien. Dabei hatte sich die Metro schon vor einigen Jahren von großen Ketten wie Kaufhof, Media Markt/Saturn oder Real getrennt – in der Hoffnung auf eine Erholung des Geschäfts. Auch mittels Konzentration auf den unternehmerischen Kernbereich, also das Großhandelsgeschäft mit immerhin knapp 630 Märkten in neun Ländern.

Im Frühjahr vergangenen Jahres hatte Vorstandsboss Steffen Greubel angekündigt, das Personal im Außendienstteam auf gut 13.000 Beschäftigte zu verdoppeln. An sich eine gute Nachricht. Die Außendienstler sollen den Kontakt zu Gastronomen und Hoteliers halten – die Kernkundschaft der Metro, so die WAZ. Erfreulich aus Greupels Sicht auch: das leichte Umsatzplus von vier Prozent in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2024/2025. Aber: Es gibt noch Altlasten.

Der einstige Dax-Konzern Metro hat noch zahlreiche Tochterunternehmen. Ein Firmengestrüpp, das sich offenbar nur mühsam entflechten lässt. Oder, um ein weiteres Bild zu verwenden: ein Tanker, groß und unbeweglich. Ähnlich hatte sich übrigens auch Greubel geäußert. Nach jW-Informationen aus der Belegschaft gebe es seitens des Metro-Vorstands neue Bestrebungen, den Konzern zu verkleinern. So soll das Metro-Management »verschiedene Projekte zur Steigerung der Kosteneffizienz in relevanten, vor allem administrativen Bereichen definiert« haben, steht in einem weiteren Bericht der Lebensmittelzeitung. Zuvorderst wohl in der Zentrale der Metro in Düsseldorf, die kürzlich erst modernisiert worden war.

Kein gutes Zeichen sei ferner, trotz Umsatzplus Kosten weiter drücken zu wollen. »Wir bekommen leider auch nur bruchstückhaft Informationen«, monierte ein Metro-Beschäftigter am Montag gegenüber jW. Eine unklare Situation, die Kolleginnen und Kollegen bisweilen verunsichere. Und das wohl auch tun soll.

Die Metro-Bosse begründen ihre »Einschnitte« auch damit, dass im Heimatmarkt Deutschland der Großhändler zuletzt »Marktanteile« verloren hat. Und infolge der Inflationswelle, besonders wegen höherer Lebensmittelpreise, verzeichnete die Metro eigenen Angaben zufolge einen Rückgang des bereinigten Ergebnisses vor Abzug der Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) um 24 Millionen Euro, von 53 auf 29 Millionen Euro.

Und noch etwas kommt hinzu: Das Kürzungsprogramm könnte mit der Übernahme der Metro durch Daniel Křetínský zu tun haben. Davon gehen zumindest zahlreiche Beschäftigte aus, erfuhr jW aus Belegschaftskreisen.

Multimilliadär mischt mit

Der Multimilliardär aus Tschechien mischt schon bei Thyssen-Krupp Steel (TKS) oder bei der britischen Post mit, die er im vergangenen Jahr endgültig übernommen hatte. Und seit April dieses Jahres hält Křetínský die absolute Mehrheit an den Metro-Unternehmensanteilen. Das Modell dahinter, so scheint es jedenfalls: Křetínský steigt bevorzugt in Unternehmen ein, die zuvor milliardenschwere Staatshilfen kassiert haben – oder dort, wo die Aussicht darauf besteht. Hat er die Mehrheit, streicht er rasch Stellen, vernichtet Jobs.

Betriebsräte von TKS aus Duisburg erzählten gegenüber jW, dass der Tscheche wie »ein Phantom« sei. Er sei nicht zu fassen, und man wisse kaum etwas über ihn. Und seine Pläne. Ähnlich die Lage bei der Metro. »Einige Kolleginnen und Kollegen befürchten, dass die Übernahme durch Křetínský kein Neustart ist, sondern weitere langfristige Einsparungen einläuten könnte«, so eine Beschäftigte im Gespräch mit dieser Zeitung.

Anfragen von jW, was Křetínský mit der Metro konkret vorhabe, blieben bis Redaktionsschluss unbeantwortet – sowohl seitens des Metro-Vorstands als auch seitens des Konglomerats Křetínskýs, der EP Global Commerce.

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