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Aus: Ausgabe vom 21.07.2025, Seite 7 / Ausland
DR Kongo

Raubritter als Friedensstifter

DR Kongo: US-Regierung und Katar vermitteln Waffenstillstandsabkommen mit »M 23«. US-Konzern erhält Zugriff auf Rohstoffe
Von Christian Selz, Kapstadt
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Gold, Koltan oder Lithium: Man darf annehmen, dass es den USA weniger um Menschenrechte geht (Bukavu, 18.6.2025)

Die Regierung der Demokratischen Republik (DR) Kongo hat sich mit der Miliz »M 23« auf einen unbefristeten Waffenstillstand geeinigt. Beide Seiten unterzeichneten am Sonnabend in der katarischen Hauptstadt Doha eine entsprechende Vereinbarung. Demnach sollen nun spätestens am 8. August Verhandlungen beginnen, die dem gemeinsamen Zeitplan zufolge bereits bis zum 18. August in einen Friedensvertrag münden sollen. Die DR Kongo hatte unter Vermittlung Katars seit April direkte Gespräche mit Vertretern der vom Nachbarland Ruanda unterstützten Miliz geführt.

Vor diesem Hintergrund wirkt der jetzt verabschiedete Zeitplan reichlich ambitioniert, zumal es in der Vergangenheit immer wieder Waffenstillstandsvereinbarungen gegeben hatte, von denen keine lange bestand. Darüber hinaus sind auch jetzt wesentliche Details unklar oder umstritten. So enthält das Abkommen eine Passage, in der Schritte zur Wiederherstellung der staatlichen Autorität »in allen nationalen Territorien« vereinbart wurden. Für Regierungssprecher Patrick Muyaya ist damit das Einhalten einer Kernforderung erreicht, nämlich »der unverhandelbare Abzug« der »M 23«. Deren Verhandlungsführer Benjamin Mbonimpa verneinte umgehend, ebenfalls bei X, dass ein solcher Truppenrückzug Teil der Vereinbarung sei.

Den Differenzen zum Trotz ist das Waffenstillstandsabkommen dennoch folgerichtig und erfolgversprechender als viele seiner Vorgänger, weil es auf eine im Juni erreichte Vereinbarung zwischen der DR Kongo und Ruanda aufbaut. Die Außenminister beider Staaten hatten in Washington einen von den USA vermittelten Friedensvertrag unterzeichnet, in dessen Rahmen zugleich US-Unternehmen ein Zugriff auf die Rohstoffvorkommen im Osten des Landes zugesichert worden sein soll. US-Präsident Donald Trump, der das Abkommen auch selbst unterschrieb, hatte seinerzeit öffentlich mit dem Rohstoffdeal geprahlt, Details wurden aber nicht bekannt. Trumps Sondergesandter (und zugleich Schwiegervater seiner Tochter) Massad Boulos war nun auch in Katar zugegen.

Die Übereinkunft kommt exakt einen Tag, nachdem das von den US-Unternehmen Kobold Metals, in das Reuters zufolge die Milliardäre Jeff Bezos und Bill Gates involviert sind, bekanntgab, mit der Regierung in Kigali eine Fördervereinbarung für eine der weltgrößten Lithiumlagerstätten im Osten der DR Kongo abgeschlossen zu haben. Kobold sticht damit sowohl das australische Unternehmen AVZ Minerals aus, das die Lizenz zuerst erhalten hatte, sowie den chinesischen Bergbaukonzern Zijin Mining, der die Rechte zwischenzeitlich übertragen bekommen hatte. Das Geschäft schließt an die noch von der vorherigen US-Regierung unter Joe Biden initiierte Infrastrukturinitiative Lobito Corridor an, mit der eine Transportverbindung vom angolanischen Hafen Lobito durch die DR Kongo bis nach Sambia geschaffen werden soll. Ziel des Projekts ist es laut Reuters »sichere Lieferketten für wichtige Rohstoffe aufzubauen und die Dominanz Chinas einzudämmen«.

Dass die USA in der Lage sind, den Konflikt im Osten der DR Kongo mindestens einzufrieren, dürfte allerdings nicht allein auf die Rohstoffdeals zurückzuführen sein, sondern vor allem mit den militärischen Verwicklungen und Kräfteverhältnissen zusammenhängen. Die Miliz »M 23«, das haben mehrere UN-Expertenkommissionen belegt, wird von Ruanda bewaffnet und maßgeblich gesteuert, auch wenn die Regierung in Kigali das stets abstreitet. Zudem war ruandisches Militär mit Tausenden Soldaten in den Osten der DR Kongo eingefallen. Ihre militärische Schlagkraft verdanken »M 23« und ruandische Armee auch einer modernen Bewaffnung, wie sie sonst »von den Streitkräften Israels genutzt« werde. So umschrieb der südafrikanische Exgeneral Maomela Motau zu Jahresbeginn in einem Interview mit dem TV-Sender Newzroom Afrika das bei mit der Region vertrauten Militärexperten offene Geheimnis. Das Regime von Ruandas Langzeitherrscher Paul Kagame unterhält beste Beziehungen zu Tel Aviv und Washington. Die US-Machthaber, die sich nun als Friedensstifter feiern lassen, haben also eher einen bewaffneten Rohstoffraubzug mit einer finalen Erpressung erfolgreich abgeschlossen.

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