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Aus: Ausgabe vom 19.07.2025, Seite 1 / Titel
Russlandsanktionen

Fico gibt auf

Slowakei lässt 18. EU-Sanktionspaket gegen Russland passieren. Maßnahmen schädigen europäische Reedereien und Maschinenbauer. Eventuelle Nord-Stream-Reparatur verboten
Von Reinhard Lauterbach
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Hat sich vom Staatenbund EU wieder einhegen lassen und kehrt Putin (l.) einstweilen den Rücken zu: Der slowakische Premier Robert Fico

Die Europäische Union hat am Freitag das 18. Sanktionspaket gegen Russland beschlossen. Es weitet die »Strafmaßnahmen« gegen russische und chinesische Unternehmen aus. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte, die Sanktionen träfen »das Herz der russischen Kriegsmaschine«. Bundeskanzler Friedrich Merz sagte, die EU zeige, dass sie den Druck auf Russland aufrechterhalte, den Krieg in der Ukraine zu beenden.

Der Beschluss war möglich geworden, weil die Slowakei ihren hinhaltenden Widerstand zuletzt aufgegeben hatte. Ministerpräsident Robert Fico sagte am Donnerstag, seine Regierung habe das Maximum für das Land herausgeholt. Die Slowakei hatte zunächst eine Ausnahmeklausel vom geplanten Verbot von Gasimporten aus Russland gefordert; der laufende Liefervertrag mit dem russischen Gaskonzern Gasprom läuft noch bis 2034. Die EU will die Gasimporte aus Russland 2028 völlig beenden. Welche Zusicherungen die EU der Slowakei im Gegenzug gemacht hat, ist nicht im einzelnen bekannt. Das ZDF meldete am Freitag mittag, geplant sei die Einrichtung einer »Taskforce Slowakei«, um »das Land mit den Folgen des Gaslieferstopps nicht allein zu lassen«. Entscheidend für den Sinneswandel der Slowakei war offenbar, dass das Verbot des Gasimports aus Russland von der EU auch ohne slowakische Zustimmung mehrheitlich beschlossen werden kann.

Die neuen Sanktionen zielen auf die Reste des russischen Ölexports und die Finanzbranche des Landes. So soll künftig auch der Import von verarbeiteten Ölprodukten wie Benzin und Kerosin verboten werden. Gegen den Transport russischen Öls in Drittländer wird die Liste der »russischen Schattenflotte« um 100 weitere Schiffe ergänzt. Sie dürfen künftig keine Häfen mehr in der EU anlaufen und in EU-Staaten weder versichert noch zertifiziert oder repariert werden. Dagegen hatten Griechenland und Malta lange Widerstand geleistet, weil auch Reedereien aus diesen Ländern am Export von russischem Öl verdienen. Weiter werden etliche zusätzliche Banken aus Russland und erstmals auch China vom internationalen Abrechnungssystem SWIFT ausgeschlossen. Für künftige russische Ölexporte will die EU einen »Preisdeckel« durchsetzen, der um mindestens 15 Prozent unter dem jeweils aktuellen Ölpreis liegen soll. Zudem wird die Liste der Werkzeugmaschinentypen erweitert, die nicht mehr nach Russland exportiert werden dürfen, weil sie angeblich auch in der Militärproduktion eingesetzt werden können.

Eine der jetzt angekündigten Maßnahmen straft die offizielle Rhetorik Lügen, mit den Sanktionen gehe es darum, Russland für seinen »Angriffskrieg« gegen die Ukraine zu »bestrafen«. Beschlossen wurde in Brüssel, dass jede Art von Übernahme der beschädigten Gaspipelines »Nord Stream« 1 und 2 und alle Reparaturarbeiten daran verboten sein sollen. Das ist ein Schritt, der auch nach einem Ende des Krieges den russischen Export weiter schädigen soll.

Russland nahm den Sanktionsbeschluss gelassen auf. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, sein Land habe inzwischen »eine gewisse Immunität« gegen westliche Strafmaßnahmen entwickelt und gelernt, damit zu leben. Mit den Sanktionen schädigten sich die Länder, die sie beschlossen hätten, außerdem selbst. Deutsche Maschinenbauer werden dem nicht widersprechen.

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