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Aus: Ausgabe vom 17.07.2025, Seite 11 / Feuilleton
Kunst

»Das ist wichtig für Griechenland«

Über Mikis Theodorakis, den Sinn großer Statuen und einem Besuch auf Kreta. Ein Gespräch mit Rainer Günther
Von Hagen Bo
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»Es ist mir ein Anliegen, diesem großen Komponisten und Freiheitskämpfer ein Denkmal zu setzen« (Mikis Theodorakis, Aachen, 2005)

Sie haben kürzlich in der Maigalerie ein »Modell für eine Statue zu Ehren« von Mikis Theodorakis vorgestellt. Was hat es damit auf sich?

Die Musik von Theodorakis begleitet mich seit meiner Studienzeit. Wir demonstrierten gegen die faschistische Militärdiktatur in Griechenland und gegen den Vietnamkrieg. Das Ende der Junta und die Rückkehr von Theodorakis im Oktober 1974 nach Griechenland waren für uns ein Sieg. Die Konzerte, die er anschließend in großen Stadien gab, waren und sind unvergessliche Momente. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, diesem großen Komponisten und Kämpfer für die Freiheit zu seinem hundertsten Geburtstag (am 29. Juli, jW) ein Denkmal zu setzen.

Politische Statuen, um es einmal so zu nennen, haben eine lange Tradition von der Antike bis in die Neuzeit. Man könnte beispielsweise meinen, Luther oder Marx seien ikonographisch gewissermaßen auserzählt. Wie nähert man sich als Künstler einem Komponisten, der zugleich Volksheld, Schriftsteller und Politiker war?

Natürlich ist das eine Herausforderung. Die figürliche Plastik wurde seit dem antikommunistisch ausgerichteten »Kongress für kulturelle Freiheit« in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Frage gestellt. Ich habe bei Professor Alfred Hrdlicka gelernt, das klassische Erbe der Bildhauerei neu zu interpretieren. In Gelsenkirchen konnte ich eine 215 Zentimeter hohe Marx-Statue realisieren. Nach dem Studium aller bisherigen Publikationen zu Marx-Büsten und -Statuen wollte ich einen ganz neuen Marx schaffen: volksnah, auf du und du, pfiffig und gleichzeitig mit entschlossener Geste, die Welt zu verändern. Auch bei der großen Theodorakis-Statue musste ich Form und Inhalt in Einklang bringen. Das erfordert dialektisches Denken im Sinne von Karl Marx.

Nochmals zu Griechenland: Pflegen Sie Kontakte nach Kreta, wo in Chania das »Theodorakis-Haus« steht?

Ich war im Mai und Juni dieses Jahr insgesamt vier Wochen in und um Chiana unterwegs. Die schönsten Kontakte ergaben sich zu Griechen, denen ich spontan meine Flyer mit den Modellen und Grafiken zu Theodorakis in die Hand gab. Da entwickelten sich interessante und herzliche Gespräche – die mir die Gewissheit gaben, dass diese Statue wichtig für Griechenland ist. Ferner habe ich Kontakte zum »Freundeskreis Mikis Theodorakis«, zum Kulturbürgermeister von Chania, zur Betreuerin des Theodorakis-Hauses und zur KKE (Kommunistische Partei Griechenlands, jW) aufgebaut. Erstaunt hat mich die Dynamik dieser Partei, die sich aus dem Engagement ihrer jungen Mitglieder ergibt. Am 13. Juni veranstaltete die KKE in Chania ein Festival, auf dem Maria Farantouri zu Gast war, die bedeutendste Interpretin der Lieder von Theodorakis. Mit 800 Besuchern war das Festival recht gut besucht.

Und die Statue? Wird sie bald zu sehen sein?

Ich hoffe. Ein Höhepunkt meiner Reise war, dass ich bei der Gründung des »Panhellenistischen Friedenskomitees« mein Theodorakis-Projekt vorstellen konnte. Es hatten sich über 20 Organisationen – Bauernverbände, Gewerkschaften, Bürgerkomitees und politische Parteien – zusammengefunden, um das Friedenskomitee zu gründen. Es richtet sich hauptsächlich gegen den NATO-Stützpunkt in Souda in direkter Nachbarschaft zu Chania. In meiner Rede drückte ich zunächst mein Entsetzen über die Verbrechen der faschistischen Wehrmacht aus, die aus Rache für den antifaschistischen Partisanenkampf mehrere Dörfer in den Bergen Kretas zerstörte. Mikis Theodorakis wurde zu dieser Zeit zum ersten Mal inhaftiert. Mein Vorhaben, ihm eine Statue zu widmen, wurde vor Ort mit viel Applaus bedacht. Ob mehr daraus wird, wird man sehen.

Rainer Günther ist bildender Künstler. Er studierte bei Alfred Hrdlicka in Stuttgart und schuf unter anderem eine überlebensgroße Karl-Marx-Statue für Gelsenkirchen. Mehrere Einzelausstellungen

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