Druck für Rücküberstellung
Von Henning von Stoltzenberg
Maja T. hat nach gut fünf Wochen den Hungerstreik beendet, wie der Vater der nichtbinären Person und die Solidaritätsgruppe am Montag mitteilten. T. steht in Budapest wegen vorgeworfener Körperverletzungen im Zuge von antifaschistischen Protesten gegen das jährlich stattfindende Neonazievent »Tag der Ehre« im Februar 2023 vor Gericht. Es droht im schlimmsten Fall eine Verurteilung zu bis zu 24 Jahren Haft. Mit dem Hungerstreik wollte Maja T. bessere Haftbedingungen und eine Rücküberstellung nach Deutschland erreichen. T. war nach der Festnahme in Berlin aus der Untersuchungshaft trotz anderslautender Entscheidung des Bundesgerichtshofes rechtswidrig nach Ungarn ausgeliefert worden.
Zuletzt hatte Außenminister Johann Wadephul (CDU) zugesagt, sich in Gesprächen mit der Regierung in Budapest für bessere Haftbedingungen für Maja T. einzusetzen. T. sei »schwersten Vorwürfen ausgesetzt«, sagte der Minister dem RND. »Auch in Deutschland würde Maja T. daher mit einem Strafverfahren rechnen müssen«, fügte er hinzu. Der Druck auf die Bundesregierung, Maja T. nach Deutschland zu holen, wächst offensichtlich. Nach Angaben der Solidaritätsgruppe hat T. durch den Hungerstreik rund 14 Kilogramm abgenommen. Die Herzfrequenz sei zeitweise auf 30 gesunken, Ärzte hätten Ohnmachtsanfälle bis hin zum Herzstillstand für möglich gehalten und Organschäden befürchtet.
Am 1. Juli war T. aus der Untersuchungshaft in Budapest in ein Gefängniskrankenhaus im Südosten des Landes verlegt worden. An den Haftbedingungen hatte Maja T. unter anderem Isolationshaft sowie Schlafentzug durch stündliche Kontrollen beanstandet. »Gegen Majas Willen darf in keinem Fall ein Herzschrittmacher eingesetzt werden. Dies würde auch medizinisch nicht helfen, da die niedrige Herzfrequenz eine direkte Folge des Hungerstreiks ist«, hatte T.s Vater Wolfram Jarosch erklärt. T. ans Bett zu fesseln sei »grausam und medizinisch nicht erforderlich«. Das Auswärtige Amt müsse ein Ende der Isolationshaft und eine Rückführung erreichen.
Grünen-, SPD- und Linkspartei-Politiker haben zuletzt eine Rücküberstellung nach Deutschland verlangt. Der »Verein demokratischer Ärzt*innen« forderte in einer Stellungnahme die behandelnden Ärzte in Ungarn auf, die Würde und den Willen von Maja T. zu respektieren. Christian Bachelier vom Vereinsvorstand verlangte von der Bundesregierung, sofort zu handeln: »Es kann nicht sein, dass Menschen in Nacht-und-Nebel-Aktionen ausgeliefert werden und ihnen dann Grundrechtsverletzungen wie z. B. Isolationshaft, die klar als Folter definiert wird, angetan werden.«
Auch ein am Sonntag vor dem Auswärtigen Amt unter dem Motto »Rettet Maja« eröffnetes Protestcamp unterstützt die Forderungen. Bisher sei es bei lauwarmen Worten von Außenminister Wadephul geblieben, es müsse endlich gehandelt werden, hieß es. Um diese Forderung zu unterstreichen, sollen während der Dauerveranstaltung verschiedene kreative Aktionen geplant werden, um die politischen Entscheidungsträger zum Handeln zu zwingen. Für Sonntag war zu einer Demonstration vom Alexanderplatz zum Auswärtigen Amt aufgerufen worden. Die Protestierenden forderten zudem die Freilassung aller Angeklagten im »Budapest-Komplex« genannten Großverfahren, das auch in der Bundesrepublik stattfindet. Mehrere Antifaschistinnen und Antifaschisten befinden sich derzeit in Untersuchungshaft.
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