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Aus: Ausgabe vom 12.07.2025, Seite 8 / Inland
Medienprojekt

»Denn unser Anspruch ist es, unabhängig zu bleiben«

Neues Syndikat »Druck« will solidarischen und zugänglichen Journalismus realisieren. Ein Gespräch mit Laila Ahmad
Interview: Emre Sahin
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Wenn es darauf ankommt, sind alternative Medien immer dabei: Hier bei der Räumung eines Protestcamps gegen Braunkohleabbau in Lützerath (o. D.)

Der Instagramaccount »Lützi bleibt« ist kürzlich an das Mediensyndikat »Druck« übergeben worden. Ist »Druck« ein neues Projekt von ehemaligen Lützerath-Aktivisten?

Mitte Mai ist der Account in »Druck« umbenannt worden – eine Initiative von Leuten, die Medienaktivismus betreiben. Einige von uns kennen sich aus Lützerath und dem Klimakontext. Inzwischen sind wir aber deutlich mehr Menschen als zu Beginn. Zwischen 30 und 40 Personen unserer Gruppe kann man gar nicht mehr auf die Proteste gegen die Erweiterung des Braunkohleabbaus im nordrhein-westfälischen Lützerath zurückführen. Wegen seiner großen Reichweite hatten sich die Macher des Accounts dann überlegt, wie es damit in Zukunft weitergehen soll. Verschiedene Initiativen hatten sich um eine Nachfolge beworben. Wir waren eine davon.

Wozu ein Syndikat?

Wir finden es notwendig, dass man sich organisiert – auch Medienschaffende. Wir wollen mehr Menschen ermöglichen, Medien zu machen und uns auch gemeinsam vor rechten Angriffen schützen. Wenn man einen sicheren Server braucht, um eigene Daten zu speichern, oder Zugang zu bestimmten Archiven benötigt, dann muss man nur Teil des Syndikats werden. Wir betreuen dann unsere Mitglieder, statt dass sie sich selbst kümmern müssen.

Wie will »Druck« arbeiten?

»Druck« soll multimedial bleiben. Es geht nicht nur darum, typische Pressetexte zu verfassen, sondern auch andere Medienformate – wie Social Media, Podcasts und Filme – zu nutzen.

Wie möchte sich »Druck« von anderen Medien abheben?

Die Medienlandschaft wird von rechten und konservativen Narrativen und Erzählungen dominiert. Linke Berichterstattung kann schnell verlorengehen. »Druck« ist der Versuch, all die Leute zusammenzubringen, die Medien machen, die Geschichten erzählen und diese auch erzählen wollen, um ein linkes Gegennarrativ im Netz aufzubauen. In einem Syndikat sollen sich Medienmacher gegenseitig produktiv austauschen, damit unser Projekt eine stabile Basis bekommt. Innerhalb des Syndikats gibt es auch den Versuch, FLINTA und Menschen, die von Rassismus und Antisemitismus betroffen sind, eigenständig zu organisieren.

Können Sie den Aufbau des Syndikats etwas näher beschreiben?

»Druck« teilt sich in verschiedene Bereiche auf. Der eine ist die Eigenproduktion, die Mitglieder haben auch unsere kürzlich veröffentlichten Trailer gemacht. Der zweite Bereich ist das Syndikat. Da geht es um Organisationsarbeit und den Aufbau eines Netzwerks von Medienschaffenden. Der dritte Bereich befasst sich mit dem Aufbau unserer Website. Allerdings wird es noch etwas dauern, bis die App online ist. Aktuell werden aber schon die ersten Kolumnen veröffentlicht. Von Journalisten, die tagesaktuell berichten und Teil des Syndikats sind, können wir dann Inhalte teilen und ihnen eine größere Reichweite bieten. Aber das Projekt befindet sich noch im Aufbau, deswegen wird viel diskutiert. Vor allem geht es um die finanzielle Zukunft des Syndikats und wann der nächste Finanzierungsaufruf gestartet wird. Denn unser Anspruch ist es, unabhängig zu bleiben.

Worauf soll der Fokus der Berichterstattung liegen?

Wir werden zwar auf Deutsch arbeiten, aber es gibt jetzt schon Journalisten, die sich um englischsprachige Kolumnen beworben haben. Wir als Struktur sitzen in Deutschland, aber unsere Medienschaffenden sollen frei in ihrer Arbeit sein. Auch die Berichterstattung von »Druck« ist nicht auf die BRD begrenzt. Perspektivisch wollen wir uns mit Syndikaten aus anderen Regionen und Ländern zusammenschließen, um so das Netzwerk zu stärken. Mitmachen kann jeder! Wir haben einen Wertekodex, der unsere Einstellung formuliert. Es ist außerdem interessant, mehr Geschichten von Menschen zu hören, die in Deutschland im Exil leben. Mit solchen Texten kann man dann sehr gut die Verstrickungen des deutschen Staates in die weltweiten Verbrechen aufzuzeigen.

Laila Ahmad ist Gründungsmitglied von »Druck« und dort aktiv im Bereich Syndikat und Redaktion

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