Gegründet 1947 Sa. / So., 12. / 13. Juli 2025, Nr. 159
Die junge Welt wird von 3019 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 12.07.2025, Seite 1 / Inland
Repression

Polizei und Politik in Erklärungsnot

Demo zum Nakba-Tag: Videoaufzeichnung nährt Zweifel an angeblichem Angriff auf Beamten
Von Nico Popp
2505-nakbatag-44-6815.jpg
Im Handgemenge: Polizisten gehen am 15. Mai in Berlin gegen Teilnehmer der Kundgebung zum Nakba-Tag vor

Ein prominenter, auch bundespolitisch zur Stimmungsmache genutzter Fall von angeblicher »Gewalt gegen Einsatzkräfte« im Zusammenhang mit palästinasolidarischen Protesten fällt mehr und mehr in sich zusammen. Eine bislang unbekannte, nahezu lückenlose Videoaufzeichnung des Vorgangs, über die NDR und Süddeutsche Zeitung am Freitag berichteten, lässt die Behauptung, ein Polizeibeamter sei am 15. Mai in Berlin bei einer Kundgebung zum sogenannten Nakba-Tag »in die Menge gezogen« und »dabei schwer verletzt« worden, als unhaltbar erscheinen.

Gegen die schließlich aufgelöste Kundgebung waren Polizisten nach Berichten von Augenzeugen rigoros vorgegangen. Etwa 50 Demonstranten wurden festgenommen, mehrere verletzt. Nach bewährtem Muster fokussierte im Anschluss allerdings sowohl die polizeiliche Kommunikation als auch die Berichterstattung vieler Medien auf angebliche Attacken von Demonstranten auf die Einsatzkräfte. Bild etwa »bangte« um den Beamten, den »Judenhasser niedertrampelten«. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft übernahm in diesem Fall die Ermittlungen.

Die nun aufgetauchte Aufzeichnung zeigt einen anderen Hergang. Während der angeblich »niedergetrampelte« Beamte – offenbar als Teil eines Greiftrupps – damit beschäftigt ist, eine festgenommene Person am Boden zu fixieren, fällt ein von einem anderen Polizisten gestoßener Demonstrant ersichtlich ohne jeden Vorsatz auf den Polizisten. Dieser steht auf und schlägt »wuchtig« (NDR) auf umstehende Demonstranten ein. Etwas später zieht er sich mit den Kollegen aus der Kundgebung zurück. Anschließend ist zu sehen, wie er gestützt wird und für einen Augenblick etwas zusammensackt.

Zu keinem Zeitpunkt allerdings zeigt dieses Video etwas, das die Behauptung stützt, der Beamte sei gezielt angegriffen, zu Boden gebracht oder »in die Menge gezogen« worden. Dokumentiert ist indes, dass dieser Polizist bereits vor dem fraglichen Vorfall auf Demonstranten eingeschlagen hat. Wie es zu den Verletzungen – eine Fraktur der rechten Hand und eine Wirbelsäulenprellung – kam, bleibt vorläufig unklar.

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.