Festnahme von weiterem Bischof in Armenien verhindert

Jerewan. In Armenien ist es nach der Festnahme eines Erzbischofs wegen Putschversuchvorwürfen zu Zusammenstößen zwischen Einsatzkräften und Geistlichen gekommen. Polizisten versuchten am Freitag, in die Residenz des Oberhaupts der Armenisch-Apostolischen Kirche, Garegin II., einzudringen, um einen weiteren Erzbischof festzunehmen. Wie im armenischen Fernsehen zu sehen war, blockierten Anwohner und Priester aber den Eingang und verhinderten so vorerst die Festnahme des Bischofs.
Am Mittwoch hatte die Polizei den einflussreichen Erzbischof Bagrat Galstanjan festgenommen, der seit Monaten zu Protesten gegen den armenischen Regierungschef Nikol Paschinjan aufruft. Die Behörden werfen ihm die Planung eines Putschversuchs zum Sturz der armenischen Regierung vor. Am Freitag wollte die Polizei dann auch den Erzbischof Michael Adschapajan festnehmen. Die Staatsanwaltschaft hält ihm ebenfalls vor, öffentlich zum Sturz der Regierung aufgerufen zu haben.
Adschapajan wies die Vorwürfe zurück. »Ich war nie eine Bedrohung für unser Land. Die wahre Bedrohung geht von der Regierung aus«, sagte der Bischof, der sich der Polizei aber eigentlich stellen wollte. »Ich werde mich nicht verstecken«, sagte er, bevor die aufgebrachte Menge seine Festnahme verhinderte. Am Abend dann begab sich Adschapajan von sich aus zum Hauptsitz des Ermittlungskomitees für schwere Verbrechen und stellte sich der Polizei.
Regierungschef Paschinjan liegt nicht nur mit den EU-Befürwortern, sondern seit 2020 auch mit dem Klerus in Armenien im Streit. Damals hatte das Oberhaupt der mächtigen Apostolischen Kirche, Katholikos Garegin II., nach der militärischen Niederlage Armeniens gegen den Erzfeind Aserbaidschan in der Region Bergkarabach Paschinjans Rücktritt gefordert.
Der Streit eskalierte, als Aserbaidschan 2023 die vollständige Kontrolle über die Region übernahm und Paschinjan Verhandlungen über ein Friedensabkommen aufnahm. Im März verkündeten Armenien und Aserbaidschan eine Einigung, das Abkommen ist aber noch nicht unterzeichnet.
Mit persönlichen Attacken gegen Garegin II. heizte Paschinjan den Konflikt mit der Kirche diesen Monat noch weiter an: Er behauptete, Garegin II. habe ein illegitimes Kind, und forderte seinen Rücktritt. (AFP/jW)
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