Mit sechs Punkten in die Parlamente
Von Philip Tassev
Der Bundesvorstand des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) hat am Sonntag nach einer zweitägigen Klausurtagung mit den Landesvorsitzenden und Abgeordneten im EU-Parlament einen Sechspunkteplan vorgelegt, um sich als »einzige konsequente Friedenspartei« sowie als soziale und demokratische Kraft zu profilieren. Nach ersten Wahlerfolgen 2024 will das BSW bis Ende 2026 in alle ostdeutschen Landtage und spätestens 2029 in den Bundestag einziehen.
Das BSW bezeichnet sich als »erfolgreichste Parteineugründung in der Geschichte der Bundesrepublik«. Bei der Bundestagswahl 2024 erreichte es fast 2,5 Millionen Stimmen, vermutet aber schwere Fehler bei der Stimmauszählung und fordert daher eine Neuauszählung. Rückläufige Umfragewerte führt die Partei auf mediale Kampagnen und begrenzte Erfolge in Koalitionsregierungen zurück. In Brandenburg und Thüringen ist das BSW an Regierungen beteiligt, konnte aber grundlegende Veränderungen kaum durchsetzen. BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht lehnt dementsprechend weitere Regierungsbeteiligungen ab. »Wir stehen nicht als Teil einer profillosen Allparteienkoalition zur Verfügung, deren einziger gemeinsamer Nenner ist, gegen die AfD zu sein«, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, wie dieses am Sonnabend berichtete. Der Eintritt in die Regierungen in Brandenburg und Thüringen hätten der »Gesamtpartei geschadet«.
Die militärische Aufrüstung unter der aktuellen Regierung lehnt das BSW klar ab. Die geplanten NATO-Militärausgaben gefährden laut Partei den Sozialstaat. Die BRD solle sich, wie Spanien, dem Fünfprozentziel der NATO verweigern. Das BSW fordert ein sofortiges Ende deutscher Waffenlieferungen an Israel und die Ukraine sowie eine von den USA unabhängige Außenpolitik, die Verständigung mit Russland, China und den BRICS-Staaten sucht. Auch die Wiedereinführung der Wehrpflicht lehnt die Partei entschieden ab. Zwar unterstützt das BSW das »Friedensmanifest« der SPD-Politiker um Rolf Mützenich, dennoch sieht sich die Partei in ihrer friedenspolitischen Haltung weitgehend allein.
Angesichts wirtschaftlicher Probleme, hoher Energiepreise und Deindustrialisierung fordert das BSW höhere Investitionen in Bildung, Gesundheit, Infrastruktur und Wohnraum. Ein neuer Sozialstaat müsse Arbeit wieder lohnend machen und vor Armut schützen. Gefordert werden unter anderem ein Mindestlohn von 15 Euro, ein gerechteres Rentensystem nach österreichischem Vorbild sowie Steuerentlastungen für mittlere Einkommen. Mieten sollen gedeckelt, Sozialleistungen reformiert und Migration auf ein »handhabbares Maß« begrenzt werden.
Kritisiert wird auch eine zunehmende Einschränkung der Meinungsfreiheit durch Regierung, Medien und politische Gegner. Regierungskritische Stimmen würden diffamiert oder kriminalisiert. Man warnt vor einem schleichenden Autoritarismus der »demokratischen Mitte«. Das BSW fordert statt dessen offene Debatten, Volksentscheide und ein Ende von »Cancel Culture« und Überwachung.
Das BSW will 2026 in alle ostdeutschen Landtage einziehen, darunter in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin. Die Kombination aus Friedenspolitik, sozialer Sicherheit und migrationskritischer Haltung finde im Osten besondere Zustimmung. Trotz Ausschluss aus dem Bundestag will das BSW präsent bleiben – mit Kampagnen, Veranstaltungen und Kandidaturen bei Kommunalwahlen. Spätestens 2029 soll dann der Einzug in den Bundestag gelingen. Wäre am Sonntag gewählt worden, hätte es das BSW schon geschafft: Wie Bild berichtete, kletterte die Partei im »Sonntagstrend« des Meinungsforschungsinstituts INSA um einen Prozentpunkt auf fünf Prozent.
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