Sommerfreuden unerschwinglich
Von Susanne Knütter
Fünf Euro für zwei Kugeln Eis. So sieht’s in der Köpenicker Altstadt aus, wo Dauerbaustellen zum Ambiente gehören und Gentrifizierung noch den Kinderschuhen steckt. Wer zaghaft anmerkt, dass die Eispreise wieder gestiegen sind, erfährt: »Erdbeereis kann man auch für 1,50 Euro produzieren, das schmeckt dann aber nicht.« Das ist die Auswahl im Jahr 2025.
Sechs von zehn Personen bestellen wegen der gestiegenen Preise laut einer Yougov-Umfrage immer oder gelegentlich weniger Kugeln als noch vor fünf Jahren. Die Preise für eine Kugel Eis schwanken laut dem Verband der italienischen Speiseeishersteller (Uniteis), der bundesweit 2.000 Eisdielen vertritt, stark. Die Spanne reiche von 1,30 Euro auf dem Land bis 2,80 Euro in Großstädten wie Hamburg oder München.
Eis ist teuer, andere Freizeitaktivitäten sind unerschwinglich: Einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage des Sozialverbands Deutschland (SoVD)zufolge gibt ein Drittel der befragten Erwerbstätigen an, Urlaubsreisen seien finanziell schwer oder gar nicht möglich. Fast die Hälfte müsse in diesem Jahr beim Urlaub sparen. Selbst ein Besuch im Schwimmbad, im Zoo oder im Kino belastet. Mehr als ein Fünftel der Eltern von Kindern bis 18 Jahren gab an, sich diese Aktivitäten nur schwer oder sehr schwer leisten zu können. Die Ergebnisse bestätigen laut SoVD offizielle Zahlen, wonach etwa jedes fünfte Kind in Deutschland in Armut lebt.
Auch junge Erwachsene zwischen 18 und 29 Jahren (40 Prozent) können sich Urlaubsreisen nur schwer oder sehr schwer leisten. Je nach Bildungsabschluss, der über das Einkommen mitentscheidet, ergeben sich ebenfalls klare Unterschiede: Mehr als 70 Prozent derjenigen mit Hauptschulabschluss oder ohne Abschluss, fast die Hälfte mit Mittlerer Reife und mehr als jeder Vierte mit Abitur berichtet, sich Urlaub nur schlecht leisten zu können.
Ausgrenzung infolge gestiegener Lebenshaltungskosten betreffe längst »auch die breite Mitte der Gesellschaft«, erklärte Michaela Engelmeier, SoVD-Vorstandsvorsitzende. Sie sieht die Politik in der Verantwortung, »spürbare Entlastungen (…) auf den Weg zu bringen«. Aber das Gegenteil passiert gerade.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (30. Juni 2025 um 06:54 Uhr)Die Politik hat doch aber gerade spürbare Entlastungen auf den Weg gebracht: Die Profite großer Unternehmen werden spürbar von Steuern entlastet. Und wer sich bereit erklärt, frohen Mutes fürs Vaterland zu sterben, wird das Elend auch nur noch viel kürzere Zeit ertragen müssen. Unser harrt eine glorreiche Zukunft. Da stört das bisschen überhöhter Eispreis letztlich gar nicht.
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