Total open Leservoting
Von Pierre Deason-Tomory
Der kollektive Leiter des jW-Feuilletons hat der Darstellung in der Radiokolumne vor einer Woche widersprochen, wonach der Autor derselben erschossen, zersägt und in eine Kühltruhe gepackt würde, sollte er es unterlassen, immerfort den neuen »ARD-Radio-Tatort« anzukündigen. Im Gegenteil wurde auf einer Tagung der Zentralen Kolumnenkontrollkommission die Frage über die gesellschaftliche Relevanz besagter Sendereihe in unserer Epoche aufgeworfen. Die Revisionisten erklärten: »Den Tatort brauchst du nicht bringen, der Dobler ist schon länger raus.« Die Fraktion der Tatortisten erwiderte: »Leider, die waren wirklich gut.« Die Revisionisten/Erweitertes Zentrum gaben zu Protokoll: »Selbst der olle Mosebach ist nicht mehr am Start.« Und die Traktoristen dissten: »Wer merkt das schon«, gingen murrend hinaus und fuhren eine Fuhre Pferdefürze fort.
Da entschied der kollektive Leiter demokratisch: »Die Absetzung muss demokratisch entschieden werden!«, und setzte eine Leserumfrage an. »Radio-Tatort«-Gegner schreiben bitte eine E-Mail an zkkk@junge-welt.de, Befürworter können die Abstimmungsunterlagen postalisch anfordern bei Dragul Miniwarenyky, Honorarkonsul der Transnotorischen Malwonischen Republik, Salzbrezelstraße 9, Uelzen. Wahlscheinanträge mit beigelegter Geldanweisung werden bevorzugt behandelt.
Zum Programmteil. »Das Attentat auf Hugo Bettauer« ist eine Chronik der Ermordung des Autors von »Die Stadt ohne Juden« (Di., 19.15 Uhr, DLF). Im Feature »Zwangsarbeit im Nationalsozialismus« soll gezeigt werden, wie sich deutsche Unternehmen mit ihrer NS-Geschichte auseinandersetzen – die wenigen, die das tun (Mi., 19.30 Uhr, DLF Kultur). »Dok 5« berichtet in »Glaubt ihr wirklich, jemand wird uns hier rausholen« von der Gefangenschaft der IS-Angehörigen Maria G. aus Salzburg in Syrien (ORF 2024, Do., 13.04 und 18.04 Uhr, WDR 5).
Als Sportschauersatzprogramm gibt es am Samstagabend zuerst »Tschick«, das Hörspiel nach dem Roman von Wolfgang Herrndorf (NDR 2011, 18.05 Uhr, NDR Kultur). Und danach ein neues True-Crime-Stück von Jan Decker über eine Serie vielversprechender Todesfälle, »Die Giftfrau« (SWR 2025, Ursendung, 19.04 Uhr, SWR Kultur). Auf der »Lauschinsel« steht Geschichte auf dem Stundenplan, der Stoff: »Sitzen bleiben für gleiche Rechte«; behandelt wird die große Tat der Rosa Parks (MDR 2023, So., 8.04 Uhr, HR 2 Kultur). »In der Gelingenskultur des Spätkapitalismus ist Scheitern nicht vorgesehen«, konstatiert Thorsten Jantschek in der »Essay und Diskurs«-Ausgabe »Von Scheitern und Chancen«. Er überprüft seine Feststellung täglich als privatinsolventer Zeitungskolumnist (So., 9.30 Uhr, DLF).
»Die Morgenröte« ist der Titel eines bayerischen Hörspielklassikers, so benannt nach der Königsgeliebten Lola Montez, an der sich das feine München erregte, dargestellt von Größen wie Straßner und Weishappel und dem noch unbekannten Helmut Fischer (BR 1961, So., 15.05 Uhr, Bayern 2). Frisch aus dem Studio: »Gegen den Strom – Mami Wata & Mary Kingsley (1/2)«, ein postkolonialer Fantasyversuch von Frank Maria Reifenberg und Demba Sanoh (WDR 2025, Ursendung, So., 17.04 Uhr, WDR 5). »E. T.«, »Star Wars« und »Superman« haben die Berliner Philharmoniker einstudiert, am 6. Juni gaben sie diese und andere Hits im eigenen Haus; der Komponist sollte am Pult stehen, musste aber absagen, weshalb auf der Tafel stand: »Stéphane Denève dirigiert John Williams« (Mo., 20.03 Uhr, BR Klassik, HR 2 Kultur, MDR Klassik, NDR Kultur, SR 2 Kultur, SWR Kultur, WDR 3).
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Mehr aus: Feuilleton
-
Nachschlag: Militär bleibt menschlich
vom 17.06.2025 -
Vorschlag
vom 17.06.2025 -
Man müsste zwei Leben haben
vom 17.06.2025 -
Frontstadtkunst
vom 17.06.2025 -
Zeit des Umbruchs
vom 17.06.2025 -
Für immer in Honig
vom 17.06.2025