Angriff auf Verhungernde
Von Mawuena Martens
Ein »humanitäres Alibi« hätte es sein können. Doch selbst das wurde zur Farce. Am Dienstag sind mehrere Palästinenser durch Schüsse getötet und rund 50 weitere verletzt worden. Sie hatten verzweifelt versucht, an dem neu eröffneten Verteilzentrum der von den USA und Israel unterstützten »Gaza Humanitarian Foundation« (GHF) Lebensmittel zu ergattern. Angaben variierten darüber, wer die Schüsse abgegeben haben soll, ob US-Personal oder israelische Soldaten. Hunderte Bewohner des Küstenstreifens waren zuvor kilometerweit gelaufen, um das Zentrum zu erreichen. Aufnahmen zeigen, wie sie dort angekommen in der prallen Sonne in eng abgezäunten Schlangen – einem Käfig gleich – warten mussten.
Israel und die GHF behaupteten, ohne Beweise zu liefern, dass die Hamas versucht habe, Zivilisten daran zu hindern, das Hilfslieferzentrum zu erreichen. Sie dementierten zudem, auf die Wartenden geschossen zu haben. Die Organisation hatte nach eigenen Angaben am Montag begonnen, Lebensmittel an die Menschen zu verteilen, die aufgrund der Pläne der israelischen Regierung, den Gazastreifen »auszuhungern«, monatelang von Lebensmittellieferungen abgeschnitten waren. Der Sprecher des UN-Nothilfebüros, Jens Lærke, kritisierte die GHF am Donnerstag: »Die Pläne der Stiftung gefährden die Menschen. Sie müssen lange Wege durch ein Kriegsgebiet gehen, um Verteilzentren zu erreichen, und wenn sie nach Hause zurückkehren, können sie das Ziel von Plünderern werden.« Anders als die GHF habe die UN die Lebensmittel: »Wir haben einen Verteilmechanismus, wir wissen, wie es geht und haben während der Feuerpause unter Beweis gestellt, dass es funktioniert.« Auch andere Hilfsorganisationen stimmen mit der Kritik überein.
Vor dem Auswärtigen Amt in Berlin protestierten am Mittwoch neun im Gazastreifen tätige Hilfsorganisationen, darunter »Ärzte ohne Grenzen« und die Diakonie Katastrophenhilfe. Das neue System für die Verteilung von Hilfslieferungen »untergräbt die Unabhängigkeit und Neutralität humanitärer Hilfe«, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Wie groß die Not in Gaza ist, zeigte sich nur einen Tag später: »Horden hungriger Menschen« seien in ein Lagerhaus des UN-Welternährungsprogramms in Deir Al-Balah im Zentrum des Gazastreifens eingedrungen, gab dieses in einer Mitteilung bekannt.
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