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Aus: Ausgabe vom 21.05.2025, Seite 2 / Ausland
Ukraine-Krieg

Kiew von Trump enttäuscht

Hat der US-Präsident die »russische Position« übernommen? Zweistündiges Telefongespräch mit Putin am Montag
Von Reinhard Lauterbach
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In Sachen Ukraine scheint US-Präsident Trump einen besseren Draht zu Russland als zu den eigenen Verbündeten zu haben (Hamburg, 7.7.2017)

Die Ukraine hat sich enttäuscht über die Ergebnisse des Telefongesprächs zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem russischen Kollegen Wladimir Putin geäußert. Präsidentenberater Michail Podoljak sagte am Dienstag, das Gespräch habe an der Sachlage nichts geändert. Die US-Seite glaube offenbar immer noch, dass Russland zum Frieden bereit sei, und habe die »einzig realistische« Forderung der Ukraine und ihrer europäischen Unterstützer nach einer sofortigen Waffenruhe ignoriert. Die russische Forderung, zunächst die Grundursachen des Konflikts zu beseitigen und sich dann auf Friedensverhandlungen zu einigen, nannte Podoljak »aufdringliches Gehabe«.

Trump hatte nach dem etwas über zweistündigen Gespräch vom Montag davon geschrieben, dass es »sehr produktiv« und »ausgezeichnet im Ton« gewesen sei. Russland und die Ukraine würden sich »unverzüglich« zusammensetzen und einen Friedensschluss vorbereiten. Offenbar hat Trump nicht nur keine Einwände gegen die russische Forderung erhoben, zunächst bilateral mit der Ukraine über ein »Memorandum« zur Beseitigung der Kriegsursachen zu verhandeln. Aus der weiteren Formulierung Trumps, der laut der Formulierung in seinem eigenen sozialen Netzwerk Truth Social Russland nach einem Friedensschluss »unbegrenzte Handelsmöglichkeiten« mit den USA in Aussicht gestellt hat, geht nicht hervor, dass Trump sich der Forderung der EU-Spitze nach umfassenden und wesentlich schärferen neuen Sanktionen gegen Russland angeschlossen hätte.

Nimmt man die Mitteilung des russischen Präsidentenberaters Juri Uschakow hinzu, dass Trump und Putin sich »mit Vornamen angesprochen« hätten, so lässt dies ebenfalls nicht auf einen konfrontativen Kurs des US-Präsidenten schließen. Das Fortbestehen strategischer Differenzen zwischen Trump und der »Kriegspartei« in Europa und der Ukraine kann auch anhand der ständig wiederholten Mahnungen europäischer Spitzenpolitiker festgestellt werden, wonach die »Einheit mit den USA« bewahrt und Washington »im Boot gehalten« werden müsse. Denn dass Trump eine »Einheit mit Europa« zu seinen eigenen Bedingungen machen würde, ist mehr als unwahrscheinlich.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (20. Mai 2025 um 21:44 Uhr)
    Im Artikel wird ein Aspekt betont, aber das Gesamtbild bleibt unvollständig: Die Ukraine erklärte sich bei ihrer Unabhängigkeit 1991 als bündnisfreier Staat. Diese Neutralität wurde im Budapester Memorandum 1994 ebenfalls festgehalten. Das eigentliche Problem begann, als 2008 unter Präsident George W. Bush eine NATO-Mitgliedschaft für die Ukraine in Aussicht gestellt wurde. Der Maidan-Umsturz 2014 führte schließlich zum Bürgerkrieg im Osten des Landes – und mündete 2022 in einen offenen Stellvertreterkrieg zwischen Russland und dem Westen. Wie kommt man nun zu einem dauerhaften Frieden? Der einzige realistische Weg führt über die Beseitigung der Ursachen, die zu diesem Krieg geführt haben. Diese Sichtweise scheint die US-Seite unter Donald Trump zu teilen. Die EU und Großbritannien hingegen ignorieren weiterhin diese grundlegenden Zusammenhänge. Was bedeutet das? Der Krieg wird weitergehen, solange keine ernsthafte diplomatische Initiative unternommen wird. Eine tragfähige Lösung können nur die beiden zentralen und handlungsfähigen Akteure – die USA und Russland – herbeiführen. Genau dort muss man wieder ansetzen, wo 2019 die diplomatischen Gespräche in Genf abgebrochen wurden. Alles andere ist reines Wunschdenken.

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