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Aus: Ausgabe vom 21.05.2025, Seite 7 / Ausland
Iran

Teheran ist skeptisch

Iran: »Revolutionsführer« und Außenminister nennen US-Forderungen in Atomverhandlungen überzogen
Von Knut Mellenthin
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Skeptisch gegenüber den USA: Irans »Revolutionsführer« glaubt nicht an einen Erfolg der Verhandlungen (Teheran, 7.2.2025)

Bisher haben die Teilnehmer der »indirekten Gespräche« zwischen Iran und USA nur Zuversicht verbreitet. Von »guten Fortschritten« sprach der iranische Außenminister Abbas Araghtschi am 11. Mai im staatlichen Fernsehen. Man sei sich »in den strittigen Fragen viel nähergekommen und verstehe einander jetzt besser«. Das konnte man glauben oder nicht, weil es zu diesen Stimmungsbildern keine erläuternden Informationen gab.

Am Dienstag griff jedoch »Revolutionsführer« Sejjed Ali Khamenei mit einer deutlichen Stellungnahme ein. Anlass war eine Gedenkfeier in Teheran zum ersten Todestag des früheren Präsidenten Ebrahim Raisi, der bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen war. Es sei »ein großer Fehler« der USA, Iran die Anreicherung von Uran verbieten zu wollen. »Niemand wartet auf eine Erlaubnis von irgendwem.« Die Islamische Republik habe »ihre eigene Politik, ihre eigenen Methoden und verfolgt ihre eigenen Ziele«. In Raisis Amtszeit habe es indirekte Verhandlungen gegeben, »die keine Ergebnisse brachten«. »Jetzt glauben wir nicht, dass es diesmal Ergebnisse geben wird, und wir wissen nicht, was geschehen wird.«

Am Rande der Feierlichkeit kommentierte Araghtschi gegenüber Journalisten die Worte Khameneis: »Was wir derzeit erleben, sind völlig irrationale und unlogische Positionen der Amerikaner, die in den vergangenen Tagen veröffentlicht wurden.« Die Anreicherung sei auf keinen Fall verhandelbar. Diese Position habe der »Revolutionsführer« eben vollständig klargemacht. Gemäß der Verfassung der Islamischen Republik hat Khamenei die höchste politische und religiöse Autorität im Land. Er übt diese aber in der Regel nur durch Meinungsäußerungen aus. Schon am 7. März hatte Khamenei in einer Ansprache dargelegt, dass es »weder rational noch klug noch ehrenwert« sei, mit der US-Regierung unter dem Druck eines dichten Netzwerks von Sanktionen und brutalen Drohungen mit einem Vernichtungskrieg zu verhandeln.

Zwischen den Treffen, die am 12. April, 19. April, 26. April und 11. Mai dreimal in Maskat, der Hauptstadt des Sultanats Oman, und einmal in Rom stattfanden, hatten sich die öffentlichen Stellungnahmen aus der US-Regierung verdichtet, denen zufolge Irans ziviles Atomprogramm zerstört werden müsse, die Vorräte an angereichertem Uran außer Landes geschafft werden müssten und es im Iran nie wieder eine Anreicherung geben dürfe. Diese zugespitzte Haltung hatte zuletzt Donald Trumps Sondergesandter für Krisengespräche, Steve Witkoff, der die US-Regierung bei den Verhandlungen mit dem Iran vertritt, am Sonntag in einem politischen Diskussionsformat des Senders ABC formuliert: »Wir haben eine ganz, ganz klare rote Linie, und das ist die Anreicherung. Wir können nicht einmal ein Prozent Anreicherungsfähigkeit erlauben.« Genau das sei auch der Standpunkt des Präsidenten, bekräftigte am Montag die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt.

Die iranische Seite hatte diesen respektlosen Ton Washingtons mehrfach durch erstaunliche öffentliche Zugeständnisse ermutigt, denen bisher keine bekannten US-Angebote, vor allem bezüglich der Sanktionen, gegenüberstehen. Man sei bereit, beim Reinheitsgrad und der produzierten Menge des angereicherten Urans Kompromisse zu machen. Nur über das formale Recht auf Anreicherung will Teheran nicht verhandeln. Kein Wunder: Iran ist, wie alle anderen Staaten der Welt, die sich an den Atomwaffensperrvertrag halten, dazu berechtigt. Ein Verbot in diesem einen Ausnahmefall wäre diskriminierend und demütigend.

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