Campus bleibt frei von Waffen
Von Ralf Wurzbacher
Angriff abgewehrt! Die Hochschule Flensburg bleibt friedlich – vorerst. Am Mittwoch hat sich der Konvent des Fachbereichs Maschinenbau gegen die Einführung eines Studienmoduls »Wehrtechnik« ausgesprochen. Damit führten Proteste einer studentischen Gruppe zum Erfolg, die sich gegen eine Militarisierung ihrer Alma Mater wendet. »Ingenieurinnen und Ingenieure sollten das Studienangebot moralisch hinterfragen«, mahnten die Beteiligten im Vorfeld der Abstimmung. Der Vorgang steht im Zusammenhang mit einer von neuem entfachten Debatte über sogenannte Zivilklauseln. Im Stimmungsumfeld von »Kriegsertüchtigung« und Hochrüstung geraten diese zunehmend unter Druck.
Bundesweit gibt es rund 70 Hochschulen, die sich per Selbstverpflichtung zu einem Wissenschaftsbetrieb im Dienst von Frieden und Völkerverständigung bekennen. Die Flensburg University of Applied Sciences gehört nicht dazu. Ein Kurs zum Thema Wehrtechnik existiert dort bereits seit rund zwei Jahren, allerdings nur als Wahlfach. Dietrich Jeschke, Professor für Maschinenbau, reichte das nicht. Vor einem Monat machte er den Vorstoß, das Angebot als reguläres Studienfach zu etablieren und künftig für Lehrinhalte wie Kettenfahrzeugtechnik, Ballistik und ABC-Sicherheit sogenannte Credit Points zu vergeben. Dafür wollte man eigens die Rüstungsfirma Flensburger Fahrzeugbau-Gesellschaft (FFG) und einen örtlichen Schützenverein ins Boot holen, weil für die Arbeit mit Gewehren und Geschützen ein Waffenschein erforderlich wäre.
In der Folge wurde die Idee im Konvent, der alle Statusgruppen repräsentiert, thematisiert und stieß auf den Widerstand der Studierendenvertreter. Um sich Gehör zu verschaffen, stellten sie gemeinsam mit Hochschülern der Europa-Universität Flensburg die Initiative »Campus ohne Wehrtechnik« auf die Beine und betrieben auf dem Hochschulgelände mit Plakaten und Flyern Aufklärungsarbeit. In einem offenen Brief vom Montag appellierten sie an die Konventsmitglieder, das Vorhaben abzulehnen. Gewarnt wird darin vor einem »Image- und Glaubwürdigkeitsverlust«, einer »fatalen Signalwirkung« und davor, »Forschung und Lehre systematisch in den Dienst militärischer Interessen zu stellen«. Fazit: Der Schritt »würde unsere Hochschule in eine Richtung bewegen, die weder den moralischen Prinzipien noch den Zukunftsanforderungen unserer Studierenden und Gesellschaft entspricht«.
Die Argumentation hat offenbar gesessen. Wie der Norddeutsche Rundfunk (NDR) am Mittwoch berichtete, fiel das Votum bei sieben Neinstimmen, zwei Enthaltungen und einer Jastimme überaus deutlich aus. »Gerade jetzt sollten wir an Hochschulen keine Kooperationen mit Rüstungsunternehmen aufbauen, sondern zukunftsfähige Lösungen für eine Welt im Wandel entwickeln«, gab der NDR Clara Tempel, die Sprecherin der Gruppe, wieder. Bayerns Staatsregierung, bekannt für ihre Nähe zu den vielen im Freistaat ansässigen Waffenschmieden, geht andere Wege. Dort sind Zivilklauseln seit August 2024 qua »Gesetz zur Förderung der Bundeswehr« schlicht verboten. Und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will diese Gangart für ganz Deutschland durchsetzen.
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