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Aus: Ausgabe vom 16.05.2025, Seite 4 / Inland
Schwarze Verkehrspolitik

Infra ohne Struktur

Neuer Verkehrsminister stellt Politik vor. Betont unternehmerfreundlich. Kritik von links
Von Max Ongsiek
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Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) im Bundestag (14.5.2025)

Brücken – marode! Tunnel – marode! Schienen? Na klar: marode! Sie alle »müssen dringend saniert werden«, erklärte der neue Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) am Donnerstag im Bundestag seine künftige Marschrichtung. Den horrenden »Sanierungsstau« werde die neue Bundesregierung angehen. Dafür stehe immerhin ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro zur Verfügung. Allerdings seien die Ausgestaltung des Sondervermögens, »die Aufteilung der Mittel« sowie »konkrete Zweckbindungen und Zuständigkeiten«, noch nicht festgelegt, betonte Schnieder. Der Erhalt von Infrastruktur werde Priorität vor Neubauten haben, folgerte er stocksteif wie ein Generalstabsoffizier am Rednerpult stehend. Konservatismus eben.

Dazu gesellte sich die übliche Rede vom Bürokratieabbau: Planungs- und Genehmigungsverfahren müssten einfacher und digitaler, Fristen verkürzt werden, Doppelprüfungen wegfallen. Das wird die Kapitalvertreter freuen, denn Hauptadressat von Schnieders Rede ist die Wirtschaft. Das machte der CDU-Politiker gleich zu Beginn deutlich: »Deutschland ist zurück. Wir sind wieder ein verlässlicher Partner, für Europa, für die Wirtschaft, für die Verkehrsbranche.« Stolz verkündete er anschließend, dass die wirtschaftliche Stimmung in der BRD sich aktuellen Umfragen zufolge zum Positiven wende. Dazu seien 200 deutsche Finanzvorstände gefragt worden. Die können es kaum erwarten, dass das Sondervermögenfüllhorn ausgeschüttet wird – und sind offenbar die zentrale Richtinstanz Schnieders.

Entsprechend vorhersehbar sind die Kernthemen seiner angekündigten Verkehrspolitik. Gemeinsam mit der Autobahn GmbH will er Fernstraßen auf »Vordermann bringen«, Autobahnlücken schließen und den »ländlichen Raum anbinden«. Den Menschen und Konzernen sollen so Umwege erspart werden. Mobilität, predigte Schnieder, sei »Voraussetzung für Lebensqualität und Wohlstand«. Zudem müsse sie für alle Nutzer bezahlbar, verfügbar und natürlich umweltverträglich sein.

Letztlich geht es bei der aktuellen Debatte über Erhalt und Ausbau der deutschen Infrastruktur auch um Militarisierung. Der Koalitionsvertrag von Union und SPD macht daraus keinen Hehl: »Wegen seiner geographischen Lage in Europa soll Deutschland als zentrale Drehscheibe der NATO weiter ausgebaut werden.« Und auch in seiner Regierungserklärung am Mittwoch hatte Bundeskanzler Friedrich Merz angekündigt, die Bundeswehr »konventionell zur stärksten Armee Europas« machen zu wollen. Die Stärkung der Bundeswehr stehe deshalb für seine Regierung »an erster Stelle«.

Obwohl Schnieder ein Expertenforum für klimafreundliche Mobilität einsetzen will, handelt es sich bei der Verkehrspolitik der Merz-Regierung um eine mit Schwerpunkt Auto. »Mein Name ist Luigi Pantisano, und ich hasse Staus«, eröffnete der Linke-Abgeordnete darum seinen Redebeitrag. Denn Staus seien ein »Symbol für den Stillstand in der Verkehrspolitik«. Schnieder gab sich unbeeindruckt. Er hatte bereits die christlichen Werte für seine Verkehrspolitik in Anschlag gebracht. »Prüft alles und behaltet das Gute«, zitierte er den Apostel Paulus.

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